CDU-Chef Friedrich Merz reiste Anfang Juli mit seinem Privatflugzeug zur Lindner-Hochzeit auf Sylt an. Seither hagelt es heftige Kritik. Doch welches Transportmittel wäre wirklich das günstigste gewesen: Privatjet, Auto oder Bahn?

Zur Hochzeit von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ging es für Friedrich Merz und seine Frau per eigenem Privatflugzeug von Berlin auf die Nordsee-Insel Sylt. Auf Kritik, er setze damit das falsche Symbol in Zeiten von Klimawandel und Erderwärmung, antwortete der CDU-Chef mit einer zweifelhaften These. Die Deutsche-Presse-Agentur hat einmal nachgerechnet. Doch werden dabei wichtige Fakten berücksichtigt?

Frisst das Merz-Flugzeug mehr Sprit als ein Regierungs-Dienstwagen?

Merz-Flugzeug
Friedrich Merz hat sich auf seinem Twitter-Account zur Flugzeug-Debatte geäußert.

Behauptung: «Ich verbrauche mit diesem kleinen Flugzeug weniger Sprit als jeder Dienstwagen eines Mitglieds der Bundesregierung», sagte Merz im ZDF-«Sommerinterview», das am Sonntag ausgestrahlt wurde.

Bewertung: So absolut formuliert ist das falsch.

Fakten: Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) schreibt dazu in Richtung Merz via Twitter: «Mein Dienstwagen ist ein E-Auto & verbraucht deshalb direkt gar keinen Sprit. Mein Fahrrad auch nicht.» Wer hat nun Recht?

Merz-Flugzeug ist eine zweimotorige Diamond DA62

Der Pressesprecher von Friedrich Merz, Armin Peter, gibt an, die zweimotorige Diamond DA62 seines Chefs verbrauche 44 Liter Diesel in der Stunde, wenn die Maschine mit 165 Knoten (rund 306 Stundenkilometer) unterwegs sei. Der österreichische Hersteller Diamond Aircraft gibt den Verbrauch bei einer bestimmten Geschwindigkeit in ähnlicher Höhe an. Das heißt: Bei einer Reisegeschwindigkeit von 165 Knoten verbraucht das Flugzeug 14,4 Liter Sprit auf 100 Kilometer. Sollte Friedrich Merz schneller unterwegs gewesen sein, wäre der Verbrauch nochmals höher.

Im Fuhrpark der Mitglieder der Bundesregierung ist der Benzinverbrauch unterschiedlich, aber nur in sicherheitsrelevanten Ausnahmefällen höher als beim Merz-Flieger. Einer Aufstellung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) vom Mai 2022 zufolge ist genauso wie Özdemir auch Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) mit einem reinen E-Auto unterwegs – also ohne Benzinverbrauch.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) fährt eine gepanzerten Wagen

Weil die Hybrid-Fahrzeuge der Kabinettsmitglieder Svenja Schulze und Hubertus Heil (beide SPD), Lisa Paus (Grüne), Bettina Stark-Watzinger, Volker Wissing und Marco Buschmann (alle drei FDP) teils mit Strom fahren können, verbrauchen sie nach DUH-Angaben im Schnitt zwischen 1,7 und 2,7 Liter Sprit auf 100 Kilometer. Der Benzin-BMW von Bauministerin Klara Geywitz (SPD) schluckt demnach 9,8 Liter – also alle weniger als der Merz-Flieger.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und einige Minister fahren aus Sicherheitsgründen schwere, gepanzerte Wagen aus dem Fuhrpark des Bundeskriminalamtes. Der mehr als vier Tonnen schwere Kanzler-Mercedes S680 Guard verbraucht zum Beispiel auf 100 Kilometer nach Medienberichten rund 18 bis 20 Liter.

Als Bundestagsabgeordneter darf Friedrich Merz kostenlos Bahn fahren

Vom Flugplatz Schönhagen südlich von Berlin, von dem Friedrich Merz Radardaten zufolge am 8. Juli Richtung Sylt startete, liegt die Insel 440 Kilometer Luftlinie entfernt. Bei durchschnittlich 14,4 Litern auf 100 Kilometer wäre das ein Verbrauch von rund 63 Litern. Bei der Autostrecke von etwa mehr als 550 Kilometern zwischen den beiden Orten und einem Verbrauch von 9,8 Litern (Geywitz) auf 100 Kilometer wären es nur knapp 54 Liter. Nimmt man die berichteten 18 bis 20 Liter auf 100 Kilometer von Scholz‘ gepanzertem Wagen, wären es auf der Strecke wohl um die 100 Liter.

Als Bundestagsabgeordneter darf Friedrich Merz, der sich selbst einmal «zu der gehobenen Mittelschicht» zählte, kostenfrei Bahn fahren. Damit hätte er keinen Liter Sprit verbraucht – aber auch deutlich länger nach Sylt gebraucht. Am 11. Juli flog die Diamond DA62, die neu rund eine Million Euro kostet, dann von der Nordsee-Insel zum Flugplatz Arnsberg Menden im Merz-Wahlkreis Hochsauerland.

Die Deutsche Presse-Agentur berücksichtigt bei ihrem Rechenbeispiel allerdings nicht, welchen Verbrauch an fossilen Brennstoffen oder anderen Ressourcen die Erzeugung des Ladestroms mit sich bringt. Ein weiterer, wichtiger Hinweis: Der CDU-Chef Friedrich Merz hat sowohl das Flugzeug als auch den Treibstoff aus eigener Tasche bezahlt. Das ist bei den genannten Dienstwagen nicht der Fall.

(mit dpa/isa/tob)