Das Aus kam nach 63 Jahren: Die Deutsche Post hat in der Nacht zum 28. März ihre innerdeutschen Nachtpostflüge eingestellt. Jetzt geht es von der Luft auf die Straße.

Seit Jahrzehnten gehörte es zum gewohnten Bild an einigen Flughäfen Deutschlands: Postsäcke und -kisten, die nachts in Passagierflugzeuge verstaut und zu einem innerdeutschen Ziel geflogen wurden. Doch damit ist jetzt Schluss. In der Nacht zum 28. März starteten zum letzten Mal Maschinen der TUIfly beziehungsweise der Eurowings auf den Verbindungen Stuttgart – Berlin, Hannover – München und Hannover – Stuttgart mit Stapelkisten statt Passagieren an Bord. Künftig soll der Transport ausschließlich auf der Straße erfolgen. Dadurch erhofft sich die Deutsche Post auf diesen Strecken Kohlendioxid-Einsparungen von mehr als 80 Prozent.

„Wir beenden die Ära der Brief-Nachtflüge mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, erklärte Marc Hitschfeld, Chief Operations Officer (COO) der Brief- und Paketsparte der DHL Group. „Auf der einen Seite ist der Brieftransport per Flugzeug innerhalb Deutschlands in Zeiten des Klimawandels nicht mehr zu rechtfertigen, auch weil es bei Briefen nicht mehr diese Eilbedürftigkeit wie noch vor Jahrzehnten gibt.“ Insofern sei das Ende der deutschen Luftpost eine gute Nachricht für die Umwelt, so der Betriebschef. „Auf der anderen Seite geht mit dem Nachtluftpostnetz auch ein Stück Postgeschichte zu Ende, mit dem sich im Laufe der Jahrzehnte viele Post-Beschäftigte identifiziert haben.“

Welche Rolle spielte die Lufthansa bei den Nachtpostflügen?

Der Startschuss für das Nachtluftpostnetz erfolgte offiziell am 1. September 1961. Nicht einmal zwei Wochen zuvor hatten der damalige Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen, Richard Stücklen, und der Vorstand der Deutschen Lufthansa AG einen Vertrag über die Luftbeförderung von Briefen und Postkarten ohne Luftpostzuschlag innerhalb der Bundesrepublik Deutschland geschlossen.

Der Kranich bediente zunächst einmal alle Strecken – mit Ausnahme des den Alliierten vorbehaltenen Luftkorridors nach Berlin, in dem die US-amerikanische Fluggesellschaft Pan Am noch bis 1990 pendelte. Im Laufe der Jahre übernahmen weitere Carrier die Aufgaben. Allerdings waren damals Briefe neben den Telegrammen das einzige Kommunikationsmedium zur schnellen Übermittlung schriftlicher Nachrichten. Diese Rolle haben längst digitale Medien wie E-Mail, WhatsApp & Co. übernommen. 2008 stieg die Lufthansa aus dem Nachtluftpostnetz aus.

Zentraler Knotenpunkt war über Jahrzehnte hinweg der Flughafen Frankfurt, vom dem aus sternförmig die verschiedenen Ziele angeflogen wurden. 2005 verlor der Standort wegen des Nachtflugverbots seine Rolle als Drehkreuz für die Post.

Wurden im Jahr 1996 noch rund 430 Tonnen Briefe mit 26 Flugzeugen der beauftragten Partner-Airlines zu 45 Destinationen pro Nacht transportiert, so waren es zuletzt nur noch 53 Tonnen Post mit sechs Flugzeugen auf den Umläufen Stuttgart – Berlin, Hannover – München und Hannover – Stuttgart. Das entspricht rund 1,5 Millionen Briefen pro Nacht, also durchschnittlich rund 270.000 Sendungen pro Flugzeug.

Warum sind heute Nachtpostflüge unnötig?

Heute zähle die Zustellung des Großteils der Briefe bereits am nächsten Werktag nicht mehr zu den Kernelementen einer postalischen Grundversorgung, meint die deutsche Post und bezieht sich dabei auf den Willen der Politik. Im Vordergrund stehe vielmehr die sozial-ökologische Ausrichtung des Postsektors. Folglich sehe auch das Postrechtsmodernisierungsgesetz, das derzeit parlamentarisch beraten werde und bald in Kraft treten solle, längere Brieflaufzeiten vor – so, wie es in den meisten EU-Ländern längst Praxis sei. Dennoch möchte die Deutsche Post auch weiterhin eine schnelle Briefbeförderung zwischen Nord und Süd sicherstellen – auf der Straße mit dem Einsatz von Sprintern. Die geringere Briefmenge und damit einhergehend kürzere Sortierzeiten machen dies möglich, versichert die DHL Group.