Als der Weltreisende Marco Polo im 13. Jahrhundert die Seidenstraße nutzte, um von Europa bis nach China zu gelangen, führte ihn sein Weg auch durch das heutige Usbekistan, wo inzwischen der Luftverkehr boomt. Unser Autor Lutz Schönfeld war vor Ort.

Einst zogen die Karawanen durch unwirtliche Regionen, heute gilt hingegen das Flugzeug als schnelle und komfortable Alternative für Reisen innerhalb des zentralasiatischen Landes: Willkommen in Usbekistan – gelegen zwischen Kasachstan, Turkmenistan, Afghanistan, Tadschikistan und Kirgisistan. Lange Zeit schien hier die staatliche Uzbekistan Airways ein Monopol zu halten, inzwischen etablieren sich aber auch private Unternehmen wie Qanot Sharq oder Centrum Air im Markt, um am gestiegenen Beförderungsbedarf zu partizipieren.

Auf den Spuren Marco Polos mit Silk Avia

Selbst eine Flughafenbetreibergesellschaft gründete unlängst mit Silk Avia eine eigene Airline, um zusätzliches Wachstum zu generieren. Und auch die Flughafeninfrastruktur Usbekistans wird weiterentwickelt. In Samarkand entstand beispielsweise ein hochmodernes neues Flughafengebäude in Form eines offenen Buches. Grund genug also, auf den Spuren Marco Polos in Usbekistan zu wandeln, die kulturellen Highlights der magischen Orte zu erkunden und die Luftfahrt im Land zu erforschen. Ausgangspunkt dieser Reise ist Taschkent, die Hauptstadt Usbekistans. Sehenswürdigkeiten wie die Medrese Kukeldasch und der Theaterplatz sind ein Muss auf der Agenda aller Reisenden.

Modernste Technik und modernstes Design: das 2022 in Betrieb genommene Terminal des Airports Samarkand. Bild: Foto: Lutz Schönfeld

Anschließend geht es mit einer A320 der Uzbekistan Airways zunächst zum Urgench International Airport, dem Tor zur Oasenstadt Chiwa. Insbesondere hier wird deutlich, dass der Tourismus die Infrastruktur Usbekistans an seine Leistungsgrenze bringt. Alle Flüge der staatlichen Fluggesellschaft auf unserer Tour führen stets über Taschkent und sind restlos ausgebucht. Nonstopverbindungen zwischen den größeren Orten, speziell jenen von erstrangigem touristischen Interesse, werden, wenn überhaupt, erst sehr kurzfristig zur Buchung freigegeben und sind in Windeseile ausverkauft. Was eine Herausforderung für jeden langfristig planenden Reiseveranstalter und für jede Incomingagentur darstellt. Und doch begünstigt es das Entstehen einiger privater Airlines im Land. Doch dazu später mehr.

Reiche Historie in Usbekistan

Mit Glück ergattern wir Plätze auf einem der raren Uzbekistan-Airways-Flüge von Chiwa nach Buchara. Somit bleibt uns eine achtstündige Busfahrt erspart und außerdem genügend Zeit, um in der historischen Oasenstadt mehr über die Sehenswürdigkeiten zu erfahren – Minarette, Paläste und Mausoleen, wohin man auch sieht. Buchara präsentiert sich als einer der ursprünglichsten Orte auf unserer Reise. Hier ist der Tourismus zwar im Wachsen begriffen, jedoch bei weitem noch nicht so ausgeprägt wie in den touristischen Hochburgen Samarkand und Chiwa beziehungsweisein der Hauptstadt Taschkent. Das Samaniden-Mausoleum, die Ark-Zitadelle oder die traditionellen Basare sind sehenswert. Doch uns zieht es weiter nach Samarkand, wo während unseres Aufenthaltes sogar der Erstflug der bereits 2021 gegründeten Fluggesellschaft Silk Avia auf dem Programm steht und gefeiert wird.

Die Bolo-Hovuz-Moschee in Buchara ist eine der Hauptsehenswürdigkeiten der Stadt. Bild: Foto: Lutz Schönfeld

Die Airline ist eine Tochtergesellschaft von Uzbekistan Airports. Sie soll sowohl den bestehenden Beförderungsbedarf zwischen der Hauptstadt und elf Regionalairports im Land befriedigen helfen als auch neuen Verkehr generieren und damit den Flughäfen Usbekistans eine bessere Auslastung bescheren. Insgesamt sind 40 Strecken geplant. Denn nur zwischen Taschkent, Samarkand und Buchara stellt die Bahn eine Alternative zum Luftverkehr dar, vor allem dank dem bis zu 250 Stundenkilometer schnellen Hochgeschwindigkeitszug „Afrosiab“ Silk Avia betreibt aktuell drei gemietete ATR72-600 (Registrierungen UK72601,UK72602, UK72603), die ehemals bei Bangkok Airways im Einsatz standen. Und sind bereits beide Erstflüge nach und von Urganch sehr gut gebucht, kann sich Silk Avia in den folgenden Wochen über eine nicht minder hohe Auslastung, speziell auf der Strecke Taschkent – Buchara, freuen. Doch Samarkand steht für die Seidenstraße schlechthin.

Usbekistan: Tourismus wächst – auch für Spotter

Laut Airline besteht ein hoher Bedarf nach Flugverbindungen sowohl bei der örtlichen Bevölkerung als auch im touristischen Sektor. Gäste zieht es in Samarkand insbesondere zum gut besuchten Registan-Platz im Herzen der Stadt, zum Observatorium von Ulugbek sowie zum Gur-Emir-Mausoleum – bestens erhaltene, geradezu magisch wirkende Bauwerke aus längst vergangener Zeit. Der aktuelle Flugplan des Samarkand Airports weist bereits 18 internationale Ziele aus und entlastet damit Taschkent als Einreisedestination.

Die Medrese Mir Arab, eine geistliche Lehranstalt, wurde 1536 fertiggestellt und liegt im historischen Zentrum von Buchara. Bild: Foto: Lutz Schönfeld

Mit der A320neo in die Zukunft

Mit einer A320neo der Uzbekistan Airways geht es schließlich zurück nach Taschkent. Auch die staatliche Fluggesellschaft forciert ihr Modernisierungsprogramm. Ältere Flugzeugmuster wie Boeing 767 und Boeing 757 werden schrittweise durch moderne Boeing 787 ersetzt, neue A32oneo verjüngen die Flotte zusätzlich. Wieder in Taschkent eingetroffen, wartet Darina Mukhaneskova, Marketingmanagerin der Flughafengesellschaft, bereits auf uns. Sie hat die erste offizielle Spottertour für Ausländer organisiert, und europäische Luftfahrtenthusiasten sind dafür ihre Protagonisten. Ein Bus, ein Sicherheitsfahrzeug, vier Betreuer und 18 Spotter setzen sich in Bewegung und lichten (bis auf wenige Ausnahmen ist alles erlaubt) ab, was Tragflächen und Triebwerke hat.

Uzbekistan Airways wird die Boeing 767, die überwiegend zu Zielen in Russland, in der Türkei oder im Inland unterwegs sind, sukzessive durch 787 ersetzen. Bild: Foto: Lutz Schönfeld

Kaum bekannte Airlines, seltene Flugzeugtypen: Nichts entgeht unserer Linse. Nach zwei Stunden macht der Sonnenuntergang unserem Treiben ein Ende. Mit gut gefüllten Speicherkarten begeben wir uns ins Hotel. Und das voller Vorfreude auf das letzte aviatische Highlight, das am kommenden Tag den krönenden Abschluss unserer einzigartigen Spotterreise bilden soll. Uzbekistan Airways betreibt hauptsächlich Verkehrsflugzeuge – wie beschrieben überwiegend aus westlicher Produktion. Doch die 1992 gegründete Fluggesellschaft hat darüber hinaus eine Tochtergesellschaft mit dem Namen „Uzbekistan Helicopters“, deren Flotte (Mil Mi-8 sowie Airbus H125 und H130) zugegebenermaßen momentan noch überschaubar ist. Die Angebotspalette der Heli-Sparte reicht von touristischen Flügen über Einsätze für die Wirtschaft jeglicher Couleur bis hin zu VIP- und Regierungsflügen.

Planespotting Usbekistan: Highlight Heli-Flug mit dem Mi-8MTW-1

Im Mittelpunkt unseres Interesses steht der Mil Mi-8, ein noch zu Sowjetzeiten entwickelter und gefertigter Mehrzweckhubschrauber. Nur eine der bei Uzbekistan Helicopters in der Flotte gelisteten Maschinen ist aktuell flugfähig, und der Genuss, mit diesem Schmuckstück, einem Mi-8MTW-1 (Kennung UK-17203), in die Berge zu fliegen, somit umso größer. In lediglich 20 Minuten ist der Heliport des Amirsoy Mountain Resorts, dem mit 900 Hektar größten Skigebiet Usbekistans, erreicht. Im westlichen Teil des UNESCO-Weltkulturerbe-Gebietes Tienschen (auf Deutsch: Himmelsgebirge) gelegen, gilt es als das modernste Skigebiet in Zentralasien. Der Reiseführer Lonely Planet bezeichnet es sogar als „St. Moritz der nächsten Saison“.

Mit dem MIL Mi-8 der Uzbekistan Helicopters ging es von der Hauptstadt Taschkent zum Amirsoy Mountain Resort. Bild: Foto: Lutz Schönfeld

Unser Fazit: Usbekistan ist insbesondere, aber nicht in erster Linie wegen seiner sich entwickelnden Verkehrsluftfahrt interessant. Neue Airlines und die sich stetig verbessernde Flughafeninfrastruktur sind bedeutsam für das Mobilitätsbedürfnis der einheimischen Bevölkerung, noch wichtiger jedoch für den rasant wachsenden Tourismus mit all seinen Erfordernissen. Diese für das Land enorm wichtige Einnahmequelle gilt es auszuschöpfen. Private Unternehmen wie Air Marakanda und Silk Avia zeigen, wie es funktionieren kann.

Text und Fotos: Lutz Schönfeld