Frankfurt/Main, 05. April 2017 Der Zoll am größten deutschen Flughafen ermittelt in zahlreichen Fällen wegen Verstößen gegen den Artenschutz und Markenpiraterie. Die Fälscher trauen sich immer mehr. Das Geschäft mit Plagiaten blüht. Sportschuhe und Spielzeug, Sonnenbrillen und Spielekonsolen, Scheren und Schlüsselanhänger. Allein am größten deutschen Flughafen Frankfurt hat der Zoll im vergangenen Jahr mehr als […]

Frankfurt/Main, 05. April 2017

Der Zoll am größten deutschen Flughafen ermittelt in zahlreichen Fällen wegen Verstößen gegen den Artenschutz und Markenpiraterie. Die Fälscher trauen sich immer mehr.

Das Geschäft mit Plagiaten blüht. Sportschuhe und Spielzeug, Sonnenbrillen und Spielekonsolen, Scheren und Schlüsselanhänger. Allein am größten deutschen Flughafen Frankfurt hat der Zoll im vergangenen Jahr mehr als 337 100 gefälschte Produkte beschlagnahmt. Ein Plus von fast 29 Prozent gegenüber dem Vorjahr, wie die Sprecherin des Hauptzollamts Frankfurt, Christine Straß, am Mittwoch sagte. „Damit wurde ein Schaden von mehr als 41 Millionen Euro verhindert.“ Das waren 310 Prozent mehr als 2015. „Das zeigt, dass Hochpreisiges deutlich mehr gefälscht wird als früher.“

Die am Flughafen entdeckten Verstöße gegen den Artenschutz gingen dagegen zwar binnen Jahresfrist leicht – um fünf Prozent – zurück. Sie machten aber immer noch mehr als 40 Prozent der in ganz Deutschland sichergestellten Tiere, Pflanzen und Produkte aus, sagte der Leiter des Hauptzollamts, Albrecht Vieth.

383 Fälle mit insgesamt fast 16 900 artengeschützten Exemplaren registrierten die rund 700 Mitarbeiter des Zolls im vergangenen Jahr auf dem Rhein-Main-Airport. Mehr als 2300 lebende Tiere und Pflanzen gehörten dazu. Darunter waren auch: Zwei giftige Königkobras für ein heimisches Terrarium, 13 bunte Pfirsichkopf-Papageien aus China und vier Schildkröten aus Algerien.

Eine Buddha-Figur aus Elfenbein in einer Handtasche aus Waran-Leder entdeckte der Zoll – als Reiskocher getarnt – in der Post. In einer Sendung aus den USA fand sich eine Bärenkrallen-Kette. Wie kommt der Zoll bei mehr als 85 220 Tonnen Luftfracht im Jahr auf diese Sendungen? Röntgen und auffällige Zollinhaltserklärungen, sagte Zoll-Sprecherin Isabell Gillmann. Bei einem Verdacht können auch die 32 Spürhunde helfen. Sie schlagen nicht nur bei Drogen, Waffen und Sprengstoff an, sondern erschnüffeln auch Tabak, Geld und geschützte Arten.

„Die Bandbreite der Verstöße gegen den Artenschutz ist sehr groß“, sagte Vieth. „Oft bekommen gerade junge Menschen bei Fernreisen alles Mögliche erzählt.“ Für Verstöße gegen das Washingtoner Artenschutzübereinkommen könnten aber Geldbußen bis zu 50 000 Euro oder Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren verhängt werden.

Nicht nur in der Post und bei Reisenden, sondern auch in der Fracht fanden die Zoll-Beamten allerlei Verbotenes. 68 Kilo Schildpatt aus Haiti beispielsweise – Schildpanzerteile geschützter Meeresschildkröten. Detlev Schmidt vom Hauptzollamt berichtete zudem von zwei groß Aufgriffen gefälschter Markenprodukte.

In sieben Sendungen seien innerhalb weniger Wochen Kleidung, Schuhe, hochwertige Taschen, Computerteile, Handys und Sonnenbrillen gefunden worden. Dafür hätten die Beamten 42 Tonnen Fracht kontrollieren und 1490 Kartons öffnen müssen. Die Ware stammte größtenteils aus Russland und der Ukraine. Aus dem Nahen Osten an verschiedene Empfänger in der EU waren 56 andere Packstücke adressiert. Ihr Inhalt: gefälschte Handtaschen, Geldbörsen, Schuhe, Halstücher und Fußballtrikots. Mehr als die Hälfte aller sichergestellten Plagiate (53,6 Prozent) stamme aus China und Hongkong.

Fälschungen von Kleidung, Schuhen und Bekleidungszubehör führen nach einer Studie in Deutschland jedes Jahr zu einem Umsatzverlust von rund 3,54 Milliarden Euro, sagte der Sprecher des Gesamtverbands der deutschen Textil- und Modeindustrie, Hartmut Spiesecke. „Piraterieprodukte sind eine erhebliche Belastung für den deutschen Modemarkt und bedrohen Hersteller und Händler.“

Nach Einschätzung des Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) sind 70 Prozent seiner Unternehmen von Produktpiraterie betroffen. Der geschätzte Schaden betrug 2015 rund 7,3 Milliarden Euro. Dies entspreche knapp 34 000 Arbeitsplätzen. „48 Prozent sehen durch Plagiate den Anlagenbetrieb in Gefahr, erschreckende 39 Prozent berichten von Gefahren für den Menschen“, heißt es in der VDMA-Studie Produktpiraterie 2016. Mehr als drei Viertel der Firmen nennen Wettbewerber als Auftraggeber.

Außer der ein oder anderen gefährlichen Maschine hat der Zoll am Flughafen auch Waffen wie Dolche und ein Feuerzeug mit elektrischer Spannung sichergestellt. Aber auch gefälschte Medikamente, deren Wirkstoffe nicht genau bekannt sind, wurden aus dem Verkehr gezogen. Vieth warnt die Verbraucher schon wegen der Gesundheitsgefahren vor Arzneimittelfälschungen: „Begeben Sie sich nicht wegen ein paar Euro in unsicheres Terrain.“

Ira Schaible , dpa