London/Moskau, 05. November 2015 Aus Angst vor Terroranschlägen haben internationale Airlines ihre Flüge zum ägyptischen Badeort Scharm el Scheich ausgesetzt. Die britische Regierung hatte zuvor erklärt, nach dem Absturz des russischen Ferienfliegers auf dem Sinai werde ein terroristischer Hintergrund immer wahrscheinlicher. Laut russischen und ägyptischen Behörden steht die Ursache des Unglücks mit 224 Toten jedoch […]

London/Moskau, 05. November 2015

Aus Angst vor Terroranschlägen haben internationale Airlines ihre Flüge zum ägyptischen Badeort Scharm el Scheich ausgesetzt.

Die britische Regierung hatte zuvor erklärt, nach dem Absturz des russischen Ferienfliegers auf dem Sinai werde ein terroristischer Hintergrund immer wahrscheinlicher. Laut russischen und ägyptischen Behörden steht die Ursache des Unglücks mit 224 Toten jedoch noch nicht fest: Die Ermittlungen könnten Monate dauern, sagte der Chef des russischen Luftfahrtamts, Alexander Neradkono.

Tausende Urlauber sitzen in dem beliebten ägyptischen Badeort auf der Sinai-Halbinsel wegen der Flugstreichungen fest. Sie wurden von Reiseveranstaltern kostenlos in Hotels untergebracht. In der Region hielten sich nach Informationen aus diplomatischen Kreisen bis zu 20000 Briten auf. Nach Angaben des Deutschen Reiseverbands (DRV) befanden sich dort auch 2000 Deutsche. Der russische Urlaubsflieger mit 224 Menschen an Bord war am vergangenen Samstag kurz nach dem Start in dem ägyptischen Badeort über der Sinai-Halbinsel abgestürzt.

Das französische Außenministerium riet den Bürgern davon ab, nach Scharm el Scheich zu reisen, wenn es nicht unbedingt nötig ist. Dies gilt für den gesamten Küstenstreifen bis zur Stadt Taba. Für den Rest der Sinai-Halbinsel gibt es ohnehin eine strikte Reisewarnung. Französische Fluglinien fliegen Scharm el Scheich nicht an.

US-Regierungssprecher Josh Earnest, sagte es könne nichts ausgeschlossen werden, auch nicht die Möglichkeit einer „terroristischen Beteiligung“. Washington prüfe, ob die Sicherheitsmaßnahmen auf Flügen in die USA verstärkt werden müssten, habe sich hier sowie mit Blick auf die Absturzursache aber noch nicht festgelegt.

Briten können hoffen, morgen von ihren Fluglinien in die Heimat geflogen zu werden. Ein britisches Team und britisches Militär seien vor Ort, um für einen reibungslosen Ablauf zu sorgen. Es würden Sicherheitsmaßnahmen am Flughafen organisiert, fügte der britische Außenminister Philip Hammond hinzu. Dazu gehöre, dass alles, was in die Maschinen gelange, durchleuchtet werde und die Flugzeuge selbst genau überprüft würden. Die dahinterstehende Sorge ist, dass Terroristen einen Sprengsatz in eines der Flugzeuge schmuggeln könnten.

Gestern hatte die britische Regierung bereits alle Flüge zwischen dem Urlaubsort und Großbritannien gestoppt. Auch deutsche, irische und niederländische Fluglinien strichen Flüge nach Scharm el Scheich. Wie die Lufthansa in Frankfurt mitteilte, waren zwei geplante Flüge der Gruppe betroffen: Eurowings am kommenden Samstag ab Köln/Bonn und Edelweiss ab Zürich. Beide sind Mitglieder der Lufthansa-Gruppe. Air Berlin teilte mit, der nächste Vollcharter-Flug ihrer österreichischen Tochter Niki nach Scharm el Scheich an diesem Samstag werde derzeit überprüft. Andere deutsche Fluggesellschaften fliegen Scharm el Scheich nicht an.

Der britische Regierungschef David Cameron und Russlands Präsident Wladimir Putin berieten telefonisch über das Unglück. Es sei wichtig, bei der Bewertung der Ereignisse die aktuellen Ermittlungsergebnisse zu berücksichtigen, sagte Putin laut Kreml-Mitteilung. Cameron hatte hingegen vor dem Telefonat gesagt: „Wir können nicht sicher sein, dass das russische Passagierflugzeug von einer terroristischen Bombe zum Absturz gebracht wurde, aber es sieht mit zunehmender Wahrscheinlichkeit so aus, als sei das der Fall gewesen“.

Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi äußerte bei einem seit langem geplanten Besuch in London Verständnis für die Sicherheitsbedenken der Briten. „Ich verstehe die Sorge des Premierministers um die Sicherheit seines Volkes“, sagte er. Ägypten sei bereit, mit „allen Freunden“ zusammenzuarbeiten, um Sicherheit für die Gäste aus dem Ausland zu gewährleisten. Er und Cameron hätten auch darüber gesprochen, wie negative Auswirkungen auf den wichtigen Tourismussektor vermieden werden könnten.

Die Regierung in Kairo wies die Vermutungen über einen Anschlag aber entschieden zurück: Die Ermittler hätten dafür bisher keine Belege gefunden, sagte der ägyptische Minister für zivile Luftfahrt, Hussam Kamal. Anderslautende Aussagen seien nur Hypothesen. Ein Anschlag wäre verheerend für die ägyptische Tourismusbranche, einem der wichtigsten Devisenbringer des Landes.