«Man kann ihn nicht austauschen» – Mehdorn ein Jahr Flughafenchef
09.03.2014 Die Hoffnungen, die der neue Chef Mehdorn vor einem Jahr weckte, sind verflogen. Noch immer weiß niemand, wann die erste Passagiermaschine vom neuen Hauptstadtflughafen abheben wird. Aber Mehdorn, der meist klare Worte liebt, ist noch nicht gescheitert. Schönefeld – Ein Drittel der Zeit ist weg. Weg für Mehdorn, weg für den Hauptstadtflughafen, der noch […]
09.03.2014
Die Hoffnungen, die der neue Chef Mehdorn vor einem Jahr weckte, sind verflogen. Noch immer weiß niemand, wann die erste Passagiermaschine vom neuen Hauptstadtflughafen abheben wird. Aber Mehdorn, der meist klare Worte liebt, ist noch nicht gescheitert.
Schönefeld – Ein Drittel der Zeit ist weg. Weg für Mehdorn, weg für den Hauptstadtflughafen, der noch keiner sein darf. Am 11. März jährt sich Hartmut Mehdorns Amtsantritt als Chef der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg. Der Dienstvertrag läuft drei Jahre. Seinem Ziel, den unfertigen Flughafen endlich in Betrieb zu nehmen, ist der 71-Jährige vielleicht schon ein Stück näher gekommen. Nach außen sichtbar wird das nicht.
Angesichts der jüngsten Querelen um die Sanierung der alten Nord-Landebahn in Schönefeld und um die abgesagte Vorab-Eröffnung eines Seitenflügels wurde die Frage laut: Macht Mehdorn noch vor dem ersten Start den Abflug? Bereits vor einem Jahr sahen ihn einige als Notnagel, weil kein anderer die mühselige und stressige Aufgabe übernehmen wollte. Andere erblickten in ihm den Hoffnungsträger, der das verfahrene Projekt bald retten würde. Er selbst sagte ziemlich nüchtern: «Ich kann auch nicht zaubern.» Das hat sich als zutreffend erwiesen.
Seinem Unmut macht Mehdorn immer wieder unmissverständlich Luft. Gerade wettert er gegen ein Nachtflugverbot, das das Land Brandenburg als Anteilseigner ausweiten will. Am besten sollte ein Airport 24 Stunden offen sein, sagt der Manager der «Bild am Sonntag». Damit zieht er wieder einmal den Zorn von Bürgern und Politikern auf sich.
Der kampfeslustige Manager hat auf der Baustelle zwar einiges bewegt, doch mit seinem Team noch immer nicht den Punkt erreicht, an dem es möglich wäre, einen verlässlichen Eröffnungstermin zu nennen. Und das ist letztlich das, was alle interessiert: die Fluggesellschaften, die Regierungen in Berlin und Brandenburg, die Gemeinde Schönefeld und die Unternehmen, die im Flughafengebäude und ringsherum Geschäfte machen wollen. Jetzt kündigt Mehdorn an, er wolle das Bauprojekt spätestens im Frühjahr 2015 beenden. Dann könne man den Flughafen testen und in Betrieb nehmen.
Zur nächsten Aufsichtsratssitzung am 11. April will der Manager einen neuen Finanzplan vorlegen. Der noch gültige ist anderthalb Jahre alt und kalkuliert das Projekt mit 4,3 Milliarden Euro. Mehdorn erwartet, dass die Kosten auf «etwas über fünf» Milliarden Euro steigen werden – wobei der Flughafen auch größer geworden ist als anfangs geplant. Ein neuer Eröffnungstermin wird im April nicht genannt werden, ließ der Aufsichtsratschef und Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) schon mal wissen.
Eigentlich sollte der Airport am 30. Oktober 2011 in Betrieb gehen, doch mangelhafte Projektsteuerung und teils schlampige Bauausführung beim komplexen Brandschutz verhinderten das. Peinlich war vor allem, wie spät sich die Verantwortlichen das Scheitern eingestanden. Der damalige Chef Rainer Schwarz musste gehen, Mehdorn kam.
«Es gibt nicht viel Positives, was nach dem Jahr übrig bleibt», sagt Martin Delius von der Piratenpartei, Vorsitzender des Untersuchungsausschusses im Abgeordnetenhaus, der dem Debakel rund um den neuen Flughafen auf den Grund gehen will. «Er hat angefangen mit großen Ankündigungen und markigen Worten.» Mit Vorschlägen wie dem dauerhaften Weiterbetrieb des Flughafens Tegel sei Mehdorn aufgefallen. «Er hat dabei aber leider auch offenbart, dass er sich über die Rahmenbedingungen seines neuen Jobs nicht ausreichend informiert hatte.»
Der Flughafenchef habe dafür gesorgt, «dass quasi der gesamte Mitarbeiterstab im Bereich technische Leitung entlassen wurde». Durch seinen Machtkampf mit Technikchef Horst Amann habe er «die Fachkompetenz im Bereich Technik und Bauumsetzung weiter geschwächt», bilanziert Delius.
Und doch stellt Delius über Mehdorn fest: «Man kann ihn nicht austauschen. Das hat er unfreiwillig geschafft. Er hat sich unentbehrlich gemacht.» Klar ist, dass der frühere Bahnchef trotz seines Alters von früh bis spät «ackert», wie sich Wowereit ausdrückte. Der Regierungschef sprach ihm sein Vertrauen aus – auch weil er niemanden hat, der es besser machen könnte.
Auf Mehdorns Habenseite steht, dass vorher isolierte Abteilungen des Flughafens jetzt zusammenarbeiten, der Stillstand auf der Baustelle beendet ist und der Kabelsalat in den Terminaldecken entwirrt wird. Auch eine Lösung für die Brandschutzprobleme scheint gefunden. Siemens will die Brandschutzanlage binnen 18 Monaten in Gang bringen, hat allerdings noch nicht alle Pläne, um beginnen zu können. So lange tickt die Uhr weiter. (Bernd Röder und Theresa Münch, dpa)