Asche und Lava behinderten im vergangenen Jahr drei Monate lang La Palmas Flugverkehr, insbesondere den Betrieb am Airport. Inzwischen kehren die Urlauber jedoch zurück auf die fünftgrößte Kanareninsel.

Nein, das lässt sich Felipe Sánchez Albarrán nicht nehmen. Ein voller Schreibtisch hin oder her. Der deutsche Journalist möchte über den Flughafen La Palma berichten? Braucht Infos? Will fotografieren? „Bueno, vamos amigo.“ Schnell ist der Follow-me-Wagen auf der Luftseite des Terminals vorgefahren und die Beifahrertür für den Gast geöffnet. Und kaum weniger zügig setzt sich der Flughafendirektor selbst ans Steuer. Die große Tour übers Vorfeld, kurzerhand zur Chefsache erklärt, kann beginnen. Und sie wird dauern, denn Sánchez Albarrán hat einiges zu erzählen.

Die hinter ihm, dem Flughafen, kurz: Die hinter der gesamten Insel liegenden Monate hatten es schließlich in sich. Am 19. September 2021 brach zur besten Siesta-Stunde, also kurz nach drei Uhr am Nachmittag, ein Vulkan am Westhang des Naturparks Cumbre Vieja aus und spuckte bis Mitte Dezember aus mehreren Schloten enorme Mengen an Lava, Gas und Asche in die Luft. Die Eruptionssäulen türmten sich in der Folgezeit auf bis zu 5000 Meter Höhe auf, Lavafontänen erreichten fast 600 Meter Höhe. 1600 Gebäude, darunter 1300 Wohnhäuser, wurden zerstört, 70 Kilometer Straßen und 370 Hektar Bananenplantagen unter der Lava begraben.

Vulkanausbruch auf der Insel La Palma: Warnstufe vorzeitig ausgerufen

Eine infernalisch anmutende Naturkatastrophe, keine Frage, doch es traf die nur etwas mehr als 700 Quadratkilometer große Kanareninsel nicht unvorbereitet. Aufgrund der seismischen Aktivitäten hatte die zuständige Behörde bereits eine Woche zuvor die Warnstufe hochgesetzt und die Palmeros, so nennen sich die Einwohner der Insel selbst, auf eine eventuelle Evakuierung gefährdeter Siedlungen vorbereitet. Allerdings konnte kaum jemand ahnen, was auf La Palma tatsächlich zukommen sollte.

Iberia Express am Flughafen La Palma
Iberia Express (im Hintergrund) und Vueling (mit A321) bedienen die Insel ab dem spanischen Festland. Bild: Dietmar Plath

Der letzte schwere Ausbruch lag schließlich Jahrzehnte zurück. Sánchez Albarrán jedenfalls kann sich nicht daran erinnern, er ist erst seit 34 Jahren auf der Insel. „Niemand, den ich kenne, hatte bislang wirklich Erfahrungen mit so einer Situation“, so der seit vier Jahren amtierende Airportchef weiter.

Flughafen La Palma war zunächst vor der Asche geschützt

Die 200 vor Ort beschäftigten Mitarbeiter der AENA, die den 1970 eröffneten Flughafen betreibt, waren zweifellos gefordert wie noch nie. Insbesondere die Flughafen-Feuerwehr. Auch wenn dank der geografischen Lage auf dem Gelände, das sich acht Kilometer südlich der Hauptstadt Santa Cruz de La Palma befindet, nichts zerstört worden ist. Was den Aeropuerto de La Palma (IATA-Code: SPC) verschonte? Nun, die Vulkanschlote trieben an der Westküste ihr Unwesen. Der Flughafen liegt an der Ostküste. „Wir waren aufgrund unseres Standortes auf der Rückseite der Bergkette und des fast immer vorherrschenden Nordost-Windes zunächst einmal geschützt“, erinnert sich Sánchez Albarrán.

Doch nach etwa zehn Tagen habe sich der Wind gedreht, „und wir erlebten hier plötzlich massive Ascheniederschläge“. Es dürfte bekannt sein, welche Schäden Vulkanasche in Triebwerken anrichten kann. „Ab einer Schicht von einem Millimeter auf Piste und Vorfeld, quasi einem Liter Sand und Gestein pro Quadratmeter, wurde der Flughafen für den Luftverkehr geschlossen. Nicht zuletzt auch wegen der dann vollgestaubten Flughafenbefeuerung, wissen Sie? Sicherheit hat immer höchste Priorität.“

Also musste die Brandbrigade immer wieder als Putzkommando ausrücken. „Doch selbst, wenn wir hier wieder alles saubergeblasen hatten, bedeutete das nicht, dass Flugverkehr tatsächlich auch stattfand – aufgrund der stetig produzierten Aschewolken.

Flughafen La Palma sollte so lange offen sein wie möglich

Dennoch: „Unser Bestreben war es, den Flughafen so lange wie möglich offenzuhalten, denn wir sind uns bewusst, welche Bedeutung er für die Wirtschaft und die Gesellschaft der Insel hat“, betont Sánchez Albarrán. In Zahlen ausgedrückt: Zwischen Ausbruch und Erlöschen des Vulkans konnten immerhin 74 Prozent der geplanten Flüge stattfinden – 2130 an der Zahl. 34 Prozent der ausgefallenen Flüge mussten aufgrund der Ascheablagerungen, 66 Prozent wegen der Ascheemissionen im Luftraum gecancelt werden.

Eurowings ließ sich im Februar mit A320 auf der Insel blicken und verspricht für den kommenden Winter Nonstopverbindungen ab Hamburg, Düsseldorf und Stuttgart. Bild: Dietmar Plath

Insgesamt wurden im vergangenen Jahr auf La Palmas 2200 Meter langen Piste 18/36, die aufgrund des Fehlens eines Taxiways nur zehn Flugbewegungen pro Stunde zulässt, 13 965 Starts und Landungen registriert – zwei Prozent mehr als 2020, allerdings 38,2 Prozent weniger als im Vor-Corona-Jahr 2019. Ähnlich das Bild beim Blick auf die Passagierstatistik: 761 231 abgefertigte Fluggäste bedeuten 5,5 Prozent mehr
Passagiere als 2020, allerdings immer noch 48,7 Prozent weniger als 2019.

Touristische Infrastruktur wurde durch den Vulkanausbruch zerstört

1,48 Millionen Fluggäste konnten seinerzeit im 2011 eingeweihten Terminal, das über eine Kapazität von rund drei Millionen Passagiere pro Jahr verfügt, abgefertigt werden. Ein Rekord. Wann man zu den Allzeithoch-Zahlen zurückkehren werde? Nun, der Flughafenchef mag sich beim ersten Frageversuch nicht festlegen. „In diesem Jahr wohl noch nicht.“ Zu viel touristische Infrastruktur, insbesondere Unterkünfte für Gäste, sei durch den Vulkanausbruch zerstört worden. Man könne aktuell gar nicht so viele Urlauber auf der Insel unterbringen. Doch Sánchez Albarrán blickt zufrieden nach vorn. Sinnbildlich und tatsächlich. Denn seine Aufmerksamkeit ruht exakt in diesem Moment auf einer gerade ausrollenden, nahezu vollbesetzten und von Teneriffa-Nord gekommenen ATR 72-600 der auf den kanarischen Inseln beheimateten Binter Canarias.

Wer auch immer derzeit nach La Palma kommt, reist, wenn nicht per Fähre, dann doch überwiegend auf Inlandsflügen an; immerhin drei Viertel aller Passagiere. Das Gros von ihnen startet auf den kanarischen Nachbarinseln Gran Canaria oder Teneriffa, einige auf Lanzarote. Kein Wunder also, dass der Platzhirsch vor Ort Binter Canarias heißt. Die Airline bringt es auf La Palma immerhin auf einen Marktanteil von mittlerweile fast 60 Prozent.

Ferienfluggesellschaft Condor fliegt Flughafen La Palma oft an

Ebenfalls auf dem Flughafen mit Hüpferdiensten zu den größeren Nachbarinseln aktiv sind Canary Fly und Binter-Partner Canarias Airlines. La Palma mit dem spanischen Festland verbinden dagegen regelmäßig Iberia Express (nach Madrid-Barajas), Vueling (Barcelona) und seit Ende März auch Ryanair (Santiago de Compostela, Barcelona und Madrid).

Im internationalen Verkehr ist dagegen kaum eine Airline so präsent wie die deutsche Ferienfluggesellschaft Condor. „Sie war die erste ausländische Airline, die im März wieder Kurs auf unseren Flughafen genommen hat“, berichtet der Flughafenchef. Zusätzlich bedient EasyJet die fünftgrößte kanarische Insel ab Berlin. „Der deutsche Markt ist für uns nach wie vor der wichtigste. Zwölf Prozent aller hier ankommenden und abfliegenden Passagiere haben einen deutschen Pass“, rechnet Sánchez Albarrán schnell zusammen.

Edelweiss Air fliegt auch den Flughafen an, ebenso TUI Airways

Aus dem schweizerischen Zürich kommt die Edelweiss Air. Großbritannien, genauer London-Gatwick und Manchester, wird dagegen dank der britischen TUI Airways angebunden. TUIfly Belgium kommt aus Brüssel. TUI Airlines Netherlands und Transavia bieten Verbindungen ab Amsterdam-Schiphol. Mit Vueling können Interessierte außerdem von und nach Paris-Orly reisen.

Momentan „ist die Nachfrage durchaus groß, und vielleicht werden wir schon 2023 wieder an das Rekordergebnis anknüpfen können“, lässt sich dem Flughafendirektor dann doch entlocken. Daran, dass zerstörte oder bislang anderweitig genutzte touristische Infrastruktur schon in Kürze wieder für Urlauber zur Verfügung steht, arbeiten die Palmeros schließlich schon jetzt mit Hochdruck.