Park City, 08. Januar 2019 Mit dem Sundance Film Festival lockt der Schauspieler Robert Redford jeden Winter Hollywood-Größen nach Park City in Utah. Das größte Skigebiet der USA ist ohnehin ein Spektakel. Doch in dem kleinen Resort des Stars geht es gemächlich zu. Wenn in Park City Skifahren zur Nebensache wird, hat das einen Grund: […]

Park City, 08. Januar 2019

Mit dem Sundance Film Festival lockt der Schauspieler Robert Redford jeden Winter Hollywood-Größen nach Park City in Utah. Das größte Skigebiet der USA ist ohnehin ein Spektakel. Doch in dem kleinen Resort des Stars geht es gemächlich zu.

Wenn in Park City Skifahren zur Nebensache wird, hat das einen Grund: das Sundance Film Festival. Einmal im Winter verwandelt Robert Redford mit seinem Independent-Kino-Event den Skiort mit dem größten Skigebiet der USA in Klein-Hollywood.

Mark Mylar liebt diese Woche Ende Januar, wenn Steven Spielberg mit Gwyneth Paltrow am Arm durch den Schnee über die Main Street stapft, sich Demi Moore für die Fotografen in Pose schmeißt und Pierce Brosnan lässig an der Bar lehnt. Dabei ist Mylar gar kein großer Kinofan. «Die Sundance-Woche ist grandios, weil dann das Skigebiet so leer ist», sagt der leidenschaftliche Skifahrer, der als sogenannter Ski Patroler die Lawinengefahr überwacht.

Mylar kennt nicht einmal die Hälfte der Hollywood-Größen, die da im Outdoor-Look zwischen dem Egyptian Theater, den zahlreichen Event-Locations und den überfüllten Restaurants, Kneipen und Clubs hin- und herpendeln. Aber er kennt in Park Citys Skigebiet jede Abfahrt und jeden Geheimtipp abseits präparierter Pisten. Mylar lebt in Park City, doch er fährt überall in Utah Ski. So viel Auswahl wie in dem Bundesstaat gibt es sonst nirgendwo in Nordamerika: Zehn Top-Gebiete sind in weniger als einer Stunde vom Flughafen Salt Lake City aus erreichbar – darunter das Sundance Mountain Resort von Robert Redford.

Das Resort versteckt sich zu Füßen des Mount Timpanogos in einem Tal, das der Schauspieler in den 1960er Jahren gekauft hat. Wie das Filmfestival ist auch das Resort nach Redfords Paraderolle in «Butch Cassidy and the Sundance Kid» benannt. Auf Deutsch hieß der Film «Zwei Banditen». In der Lodge neben der Talstation eines in die Jahre gekommenen Sessellifts hängen ein paar Fotos von Redford, einen Kult um seine Person betreibt der eher scheue Star nicht.

Sundance ist ein kleines Skigebiet mit nur fünf Liften und 45 Abfahrten, die von der Bearclaw Cabin auf dem 2515 Meter hohen Gipfel durch lichte Espenwälder ins Tal führen. Einige Pisten sind an vier Tagen in der Woche auch abends unter Flutlicht befahrbar.

Aber Sundance ist mehr als ein normales Ski-Resort. Es handelt sich auch um ein kleines Kulturzentrum mit Ateliers und Workshops. Da wird getöpfert, gemalt und Schmuck gefertigt. Redford war immer schon ein Förderer der Künste und ein Umweltschützer. Er hat in Sundance möglichst wenig gebaut, um viel Natur zu erhalten.

Sundance ist ein Zwerg verglichen mit Park City, das seit dem Zusammenschluss mit dem Nachbarn Canyons zum größten Skigebiet der USA aufstieg. Dort gibt es 30 Quadratkilometer befahrbare Fläche, mehr als 348 Abfahrten, 41 Lifte und fast ein Dutzend Terrainparks und Halfpipes. Laut Statistik rieseln im Schnitt mehr als neun Meter Schnee pro Jahr vom Himmel. Park City ist berühmt – wegen seiner Größe, des seit 1978 veranstalteten Sundance Film Festivals und der Olympischen Winterspiele von Salt Lake City 2002.

Damals war Park City das alpine Herz der Spiele, als man sich über Olympia noch freute und nicht über die Gigantomanie und Geldmacherei des größten Sportereignisses der Welt verärgert war. Die Spiele brachten das idyllisch in einem Talschluss gelegene Städtchen weltweit in alle Medien, aber nur kurz.

Das Sundance Festival rührt Jahr für Jahr die Werbetrommel für Park City, Sydney Pollack sei Dank. Angeblich war es der amerikanische Schauspieler und Regisseur, der den Organisatoren empfahl, das ursprünglich im September als kleines Independent-Filmtreffen veranstaltete Event in den Winter zu verlegen.

Kaum fand das Festival in der Hochsaison statt, kamen die Hollywood-Stars in Scharen. Sicherlich auch, weil drei Jahre nach Gründung des Festivals Robert Redford 1981 den Vorsitz übernahm. Redford war einer der Superstars im amerikanischen Filmgeschäft. Als er einlud, konnte niemand in Hollywood Nein sagen.

So wurde Park City neben Aspen zum einem Tummelplatz der Filmbranche im Winter. Weihnachten ließ man sich in Colorados Nobelskiort sehen, Ende Januar dann in Park City. Will Smith zum Beispiel besitzt eine der gigantischen Villen mitten im Skigebiet.

Bis ins benachbarte Heber Valley entstanden neue Wohngebiete und große Hotels wie das etwas skurrile «Zermatt Resort» mit Big-Ben-Glockenturm und Alphornmusik, das vor allem bei Skiclubs wegen verhältnismäßig günstiger Preise beliebt ist.

Park City und Deer Valley sind teuer geworden, auch wenn die Preise noch unter denen von Nobelskiorten wie Aspen oder Beaver Creek liegen. Je mehr Geld nach Park City floss, desto größer wurde das Interesse der Vail Resorts. Amerikas Skikonzern Nummer eins betreibt nicht nur Vail und einige andere Skigebiete in seinem Heimatstaat Colorado, sondern Dutzende Resorts im ganzen Land.

Dass die Vail Resorts Park City schlucken konnten, war die Pointe einer Tragikomödie. Als der frühere Besitzer des Resorts seine Pacht für weite Teile des Gebiets nicht fristgerecht verlängerte, schlug Vail zu, kaufte den Kontrahenten nach gewonnenem Rechtsstreit auf und fusionierte Park City mit Canyons zum größten Skigebiet der USA.

«Nicht alle Einheimischen waren von Vails Coup begeistert», berichtet Mylar. Die Touristen aber schon, da Vail viele Millionen Dollar in Hütten sowie neue und schnellere Lifte investierte. «Ski-Touristen haben keine Geduld», sagt Mylar. «Anders als echte Freerider.»

Die richtig guten Waldabfahrten und Tiefschneehänge sind nach wie vor nur mit alten Liften wie Pioneer und Jupiter auf der Park-City-Seite oder Peak 5 und Ninety Nine 90 auf der Canyons-Seite erreichbar. Manchmal muss man sogar noch kurz zu Fuß aufsteigen, um die besten Hänge unter den bis zu 3056 Meter hohen Gipfeln zu erreichen.

«Earn your turns», sagen die Amerikaner. Wer Geduld und Ausdauer mitbringt, wird belohnt, sollte aber die Warnschilder mit der Aufschrift «Experts only» (Nur für Könner) ernst nehmen. Angst vor Lawinen muss man nicht haben. Anders als in den Alpen darf man in Nordamerika innerhalb des Skigebiets auch abseits der Pisten fahren. Alles wird überwacht von den Ski Patrolern.

Mylar arbeitet in Alta, wo sie schwere Armeegeschütze einsetzen, um Lawinen von Steilhängen am Devils Castle, Mt. Baldy oder Sugarloaf Peak kontrolliert abzusprengen. «Wir tun alles dafür, damit unsere Tiefschneefans sicher sind», verspricht Mylar. Die pilgern in Massen in das Lieblingsskigebiet der alten Ski-Hippies.

Alta ist legendär, steil und mit fast 14 Metern Schnee pro Jahr gesegnet. «Es ist nicht nur viel, sondern auch grandioser Schnee», sagt Freeride-Skistar Sierra Quitiquit über ihren Hausberg.

Schönere Tiefschneeerlebnisse als in Alta bieten allenfalls die Park City Powder Cats, knapp eine Stunde von Park City entfernt. Mit Pistenraupen geht es von einer Ranch aus hinauf zum Windy Peak. Geführt von Guides, gleiten die Skifahrer und Snowboarder über offene Tiefschneehänge und durch lichte Espenwälder.

Alta und das mit ihm verbundene Snowbird liegen im Little Cottonwood Canyon, daneben Brighton und Solitude im Big Cottonwood Canyon. Nördlich schließen sich auf der Wasatchkette Park City und das edle Deer Valley mit seinen Luxushotels und den erstklassigen Restaurants in den Berghütten an. Weiter im Norden liegen Powder Mountain und Snowbasin, das auch für die Olympischen Winterspiele 2002 genutzt wurde. Allein schon wegen der skurrilen Werbetafeln am Highway lohnt sich die Fahrt dorthin. Konservative warnen im Mormonenstaat eindringlich vor außerehelichem Sex, Rauchen und Alkohol.

Im «No Name Saloon» von Park City fließen dennoch Bier, Whisky und Cocktails in großen Mengen – und das nicht nur, wenn trinkfeste Hollywood-Stars zum Filmfestival den Ort übernehmen.

Gesitteter, aber ebenfalls nicht alkoholfrei geht es in der «Owl Bar» in Redfords eigenem Ski-Resort zu. Dort sitzen Skiurlauber an der Theke, an der schon der legendäre Gangster Butch Cassidy mit seiner Hole-in-the-Wall-Gang Whiskey getrunken haben soll.

Die fast 130 Jahre alte Bar stand einst in Thermopolis in Wyoming. Redford ließ sie restaurieren und in sein friedvoll in einem Wald verstecktes Sundance Resort bringen. Die Ruhe dort schätzte die Hollywood-Größe schon immer mehr als die aufgeregte Filmszene. Nach dem Trubel auf dem Sundance Film Festival zieht sich Redford stets schnell wieder zurück in sein Mountain Resort. Seine Ranch liegt gleich nebenan.

Info-Kasten: Skifahren in Utah

Anreise und Formalitäten: Von Deutschland gibt es keine Direktflüge nach Salt Lake City. Regelmäßige Verbindungen bietet Delta ab Paris. Am flexibelsten ist man vor Ort mit einem Mietwagen, es gibt aber auch Busverbindungen. Deutsche USA-Urlauber müssen sich unter https://esta.cbp.dhs.gov eine elektronische Einreiseerlaubnis (Esta) besorgen. Sie kostet 14 US-Dollar und gilt zwei Jahre lang.

Filmfestival: Das 35. Sundance Film Festival findet vom 24. Januar bis 3. Februar 2019 statt. In dieser Zeit ist Park City besonders teuer, allerdings sind die Pisten nicht so voll.

Geld: Für einen Euro gibt es 1,14 US-Dollar (2. Januar 2018).

Informationen: Visit Utah (www.visitutah.com).

Bernhard Krieger, dpa