28.07.2015 London ist bei Touristen die beliebteste Stadt Europas. Danach kommt lange Zeit erstmal gar nichts. Kein Wunder. Zwischen Buckingham Palace und Tower Bridge gibt es eine Attraktion nach der anderen. In drei Tagen schafft man schon einige davon. London (dpa/tmn) – London hat genug für drei Wochen zu bieten, mindestens. Aber viele Besucher kommen […]

28.07.2015

London ist bei Touristen die beliebteste Stadt Europas. Danach kommt lange Zeit erstmal gar nichts. Kein Wunder. Zwischen Buckingham Palace und Tower Bridge gibt es eine Attraktion nach der anderen. In drei Tagen schafft man schon einige davon.

London (dpa/tmn) – London hat genug für drei Wochen zu bieten, mindestens. Aber viele Besucher kommen dann doch nur für drei Tage. Die britische Hauptstadt ist jedenfalls mit weitem Abstand vor Paris und Berlin das attraktivste Städtereiseziel Europas mit ständig wachsenden Besucherzahlen: 2014 lag der neue Rekord bei 17,4 Millionen Gästen. Zu sehen und zu unternehmen gibt es mehr als genug. Bei nur drei Tagen muss man sich etwas ranhalten:

Tag eins: Londons touristischer Hotspot und idealer Ausgangspunkt für Erkundungen der City ist eine Brücke. Auf der Westminster Bridge treffen sie sich alle. Die Eiligen, die nur aus dem Sightseeing-Bus gesprungen sind, um schnell das Themseufer zu fotografieren. Die Entspannten, die von hier aus am Fluss entlangbummeln oder einen Schiffstörn bis zur Tower Bridge machen. Die Kulturbeflissenen, die erst Westminster Abbey und dann St. Pauls Cathedral besuchen, um danach in der Tate Modern vorbeizuschauen. Und die Kulturignoranten, die mit Blick aufs Wasser nur ein Pint trinken wollen.

Vorne auf der gut 250 Meter langen Brücke zeigt die Führerin einer chinesischen Reisegruppe mit einem schwarzen Regenschirm, wo es langgeht. Ein indisches Brautpaar posiert ein paar Meter weiter für den Fotografen – das Parlamentsgebäude soll unbedingt mit aufs Bild. Ein Schotte spielt auf seinem Dudelsack «Muss i denn, muss i denn zum Städele hinaus». Dazwischen schieben sich Studienreisende, gelangweilte Teenager mit ihren Eltern und Pfadfinder aus Schweden in die eine oder andere Richtung.

Das Riesenrad London Eye ist eine Touristenattraktion neueren Datums. Der Standort hätte nicht besser gewählt sein können – er liegt nur wenige Meter von der Westminster Bridge entfernt. Vor dem Kassenhäuschen steht man allerdings ziemlich lange. Deshalb ist es sehr zu empfehlen, sich vorab online um sein Ticket zu kümmern. Ein billiges Vergnügen ist das London Eye nicht. Die Standardvariante kostet schon fast knapp 20 Pfund (rund 29 Euro) pro Nase. Wenn man die «Fast Track» genannte Abkürzung nehmen will, sind es noch einmal 9 Pfund mehr.

Die Fahrt ist eher meditativ, kein erhöhter Adrenalinausstoß. Die Kabinen bewegen sich so langsam, dass man es kaum merkt, wenn man sich nicht darauf konzentriert – eine Runde dauert 40 Minuten. Die Kuppel von St. Paul’s Cathedral ist ganz gut zu erkennen. Auf der Westminster Bridge ist gut zu beobachten, wie sich dort die Touristenströme aus allen Richtungen treffen. Einen guten Blick hat man auch auf The Parliament am anderen Themseufer.

Und man sieht von oben auch einiges, was einem sonst nicht aufgefallen wäre: ein Kettenkarussell zum Beispiel oder eine Gruppe von Tai-Chi-Fans neben der Themse, deren langsame, synchrone Bewegungen aus dieser Perspektive etwas seltsam wirken. Unerwartet ist man plötzlich auf einer Höhe mit dem Ziffernblatt von Big Ben. Und das ist auch der Augenblick, in dem die Smartphones gezückt werden. Ein Klick – fertig ist das Selfie in luftiger Höhe mit dem berühmten Uhrenturm im Hintergrund.

Tag zwei gehört den Klassikern: Die Horse Guards sind einer von ihnen. Die Wachsoldaten am Durchgang zum Buckingham Palace sitzen bekanntlich zu Pferd. Von der Wachablösung um 11.00 Uhr – sonntags eine Stunde früher – abgesehen, ist dort allerdings nicht viel los. Die Herren in Uniform mit den weißen Handschuhen, blankem Brustharnisch und ebenso glänzenden Helm sind nicht zum Plaudern aufgelegt, sondern richten den Blick in der Regel starr in die Ferne, selbst wenn sie von Touristen umringt sind, die sich möglichst dicht an sie drängen. Selfies mit Pferd und Wachsoldat sind mindestens so beliebt wie die mit Big Ben. Jüngere Teenager versuchen auch schon mal, das Pferd zu tätscheln.

Wer es eilig hat, huscht von den Horse Guards gleich weiter zum Buckingham Palace. Aber das macht nicht nur müde, das stumpft auch ab. Viel besser: eine Pause einlegen, so wie viele Londoner das auch machen. Die Rasenflächen im St. James’s Park sind zum Relaxen da – und so lange es nicht schüttet, ist jeden Tag Hochbetrieb. Wer sich nicht einfach fallen lassen will, kann sich einen der Liegestühle mit grün-weißen Stoffbezügen mieten, die Beine ausstrecken, die Augen schließen und den Trubel um sich herum vergessen.

Die Mietsessel, die es auch in Kensington Gardens, im Regent’s und im Hyde Park gibt, kosten allerdings 1,60 Pfund für eine Stunde oder 8 Pfund für einen Tag. Und Touristen, die glauben, sie könnten es sich auch nur fünf Minuten gemütlich machen, ohne dafür zu bezahlen, haben die Rechnung ohne die Aufpasser gemacht, die dafür sorgen, dass das Pfund rollt. Wer mit weniger Komfort auskommt, kann sich aber auch einfach ins Gras legen – im Schatten der hohen Platanen zum Beispiel. Denn anders als das Klischee es will, scheint in London im Sommer durchaus die Sonne. Viele Parkbesucher hält es deswegen nicht lange auf den Grünflächen, ohne aus dem nahen Café ein Eis zu holen und gleich ein paar Sandwiches fürs Picknick zu besorgen.

Danach ist man tiefenentspannt genug für einen Abstecher in die Great Russell Street zu dem Museum Großbritanniens schlechthin. Daher der Name: The British Museum. Die erste dicke Menschentraube steht um eine Vitrine im Erdgeschoss. Was wollen die da alle? In der Vitrine ist der Rosetta Stone ausgestellt. Etliche Touristen machen nur schnell ein Selfie und gehen dann gleich wieder. Der berühmte Stein, der im alten Ägypten Teil einer Stele war, hat allerdings tatsächlich Geschichte geschrieben. Das Verrückte ist seine Inschrift in drei Sprachen. Nur mit ihrer Hilfe glückte die Entzifferung der Hieroglyphen. Bis dahin verstanden die Archäologen immer nur Bahnhof, wenn die Schriftzeichen aus der Zeit der Pharaonen zu sehen waren.

Heute ist der Stein von Rosetta nur eines von Tausenden Ausstellungsstücken mit Weltrang im British Museum – und der Eintritt ist auch noch frei. Alles angucken wollen, wäre Wahnsinn, vielmehr noch: unmöglich. Schon die Sonderausstellungen sind interessant genug. Und zum gesamten Museumsbestand gehören buchstäblich Millionen von Einzelstücken. Ein Multimedia-Guide hilft weiter, wenn neugierige Kinder Fragen stellen, die durchschnittlich gebildete Eltern nicht gleich beantworten können.

Und es gibt jede Menge ungewöhnliche Führungen: Die Highlight Tour freitags bis sonntags zum Beispiel, die Eye-Opener Tour zu ausgewählten Teilen der Sammlung. Speziell für Eltern gibt es eine Empfehlung zu zwölf Ausstellungsstücken, die man sich mit Kindern ansehen kann: Eine Büste des Pharao Ramses, ein Wikinger-Helm, chinesische Grabfiguren oder eine der immer noch rätselhaften Statuen von den Osterinseln gehören dazu.

Tag drei gehört dem Kontrastprogramm: Oxford Circus ist die ideale Haltestelle zum Aussteigen für Shopping-Junkies. Dort kreuzen sich Regent und Oxford Street, die beiden wichtigsten Einkaufsstraßen Londons. Es heißt, nirgendwo in Europa werde beim Shoppen so viel Geld ausgegeben wie in der Oxford Street. Kann gut sein. Und nirgendwo ist so viel Verkehr: Die roten Doppeldeckerbusse sind hier oft zu mehreren hintereinander unterwegs, dazwischen Porschefahrer, Fahrradfahrer und Großraumtaxis im Schritttempo.

Aber auch auf dem Bürgersteig kommt man manchmal nur langsam voran. Die Oxford Street hat eine enorme Auswahl an Kaufhäusern, Ketten und Modemarken zu bieten: von Klamottenläden wie Topshop über die größte Filiale von Marks & Spencers bis hin zum Kaufhausklassiker Selfridges, ebenfalls die größte Filiale überhaupt und auch noch mit der größten Herrenschuhabteilung der Welt.

Fortnum & Mason, mit einer großen Filiale in der Nähe der Regent Street – 181 Piccadilly – ist eine typisch englische Adresse, wo man für viel Geld nicht wirklich notwendige, aber wirklich schöne, leckere und luxuriöse Dinge kaufen kann. Die Auswahl an Champagnertrüffeln etwa ist beachtlich, aber auch die an erlesenen Weinen, noch erleseneren Whiskys, exquisiten Marmeladensorten, zahllosen Shortbread-Varianten und erst recht an Teesorten.

Wer anschließend den Kopf freibekommen muss, fährt am besten ein Stück raus ins Grüne. Nach Kew Gardens zum Beispiel, dem Königlichen Botanischen Garten, einem der schönsten der Welt. Und very british: Besucherinnen kommen gerne in Kleidern mit Blumenmuster, gut abgestimmt auf den jeweiligen Hut. Am «Pond», dem See neben einem leicht vertrocknet wirkenden Rasen, malen Kinder andächtig schweigend die Wasserfläche. Die Gärtner fahren auf kleinen schwarzen Fahrrädern, weil die Anlage so riesig ist: Auf mehr als 120 Hektar kümmern sie sich um rund 40 000 Pflanzenarten.

Es gibt Beete mit üppigen Rosen und Gewächshäuser mit Pflanzen aus aller Welt. Das Palmenhaus von 1848 beherbergt solche aus den Tropen, darunter noch üppigere Mango- und Feigenbäume. Auch wer sonst wenig für Botanik übrig hat, gerät spätestens bei den Seerosen ins Staunen: In Kew Gardens gedeihen Exemplare so groß und schön, dass man sie für gentechnisch verändert halten könnte. Sind sie aber nicht.

Ein Erlebnis ist der Treetop Walkway, ein Baumwipfelpfad, bei dem die Gäste auf einem Metallgitterboden zwischen den Baumkronen spazieren gehen. Aus einer Höhe von 18 Metern hat man einen guten Blick über den Botanischen Garten – oder zumindest einen kleinen Teil davon. Zu den Merkwürdigkeiten der königlichen Gartenanlage gehört, dass gefühlt alle drei Minuten Flugzeuge verblüffend niedrig über Beeten und Bäumen am Himmel vorüberziehen. Etwas unangnehm ist das gleich in doppelter Hinsicht: Einmal, weil Fluglärm einfach nicht zu Kew Gardens passen will und zweitens, weil er die Touristen schmerzlich daran erinnert, dass der Rückflug schon bald ansteht.

Andreas Heimann, dpa