Die Gespräche im festgefahren Tarifkonflikt mit den Lufthansa-Piloten dauerten nur wenige Stunden. Dann war klar: Die Flugkapitäne streiken wieder – vorerst «nur» bei der Tochter Germanwings. Frankfurt/Main (dpa) – Der Tarifkonflikt mit den Lufthansa-Piloten eskaliert zum zweiten Mal in diesem Jahr: Nach den dreitägigen, massiven Streiks im April will die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit am Freitagvormittag […]

Die Gespräche im festgefahren Tarifkonflikt mit den Lufthansa-Piloten dauerten nur wenige Stunden. Dann war klar: Die Flugkapitäne streiken wieder – vorerst «nur» bei der Tochter Germanwings.

Frankfurt/Main (dpa) – Der Tarifkonflikt mit den Lufthansa-Piloten eskaliert zum zweiten Mal in diesem Jahr: Nach den dreitägigen, massiven Streiks im April will die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit am Freitagvormittag mit einem Ausstand Flüge der Unternehmenstochter Germanwings lahmlegen. Weitere Ausstände ähnlicher Art schließt die Gewerkschaft in Laufe der nächsten Tage nicht aus.

Worum geht es bei dem Streit ?

Hintergrund ist ein Konflikt um den finanziell gut gepolsterten Vorruhestand der rund 5400 Piloten und Co-Piloten. Sie bekommen bislang bis zum Renteneintritt eine Übergangsversorgung von bis zu 60 Prozent ihres letzten Bruttogehalts. In der Regel kommen sie auf ein Jahreseinkommen von 124 000 Euro brutto bis zur gesetzlichen Rente. Lufthansa will die dadurch für das Unternehmen entstehenden Kosten durch eine Neuregelung verringern.

Was schlägt Lufthansa vor ?

Im Schnitt gehen die Lufthansa-Piloten derzeit mit knapp 59 Jahren in den vom Unternehmen bezahlten Vorruhestand. Die Fluggesellschaft will das durchschnittliche Eintrittsalter auch wegen der international auf 65 Jahre hochgesetzten Altersgrenze für Verkehrspiloten schrittweise auf 61 Jahre erhöhen. Zudem sollen Piloten, die ab 1. Januar 2014 bei Europas größter Fluggesellschaft angefangen haben, die Kosten für die Frühverrentung selbst tragen. So gut wie keine Einschnitte müssen Lufthansa zufolge Kapitäne fürchten, die kurz vor der Frührente stehen.

Was sagt die Gewerkschaft zu den Plänen?

VC argumentiert mit der besonderen Belastung der Piloten durch ihren Job und spricht von «sozialem Kahlschlag». «Wir wollen den Status Quo erhalten, dass Piloten selbst bestimmt in den Ruhestand gehen können», sagt ein VC-Sprecher. Cockpit ist bereit, Kostensenkungen gegenüber dem bisherigen Vertrag zu akzeptieren. «Hierzu bedarf es aber eines grundsätzlichen Willens seitens des Managements zu einem Kompromiss, statt eines Kahlschlages», fordert die Gewerkschaft.

Warum sind die Gespräche geplatzt?

Lufthansa wollte mit der Gewerkschaft einen Fahrplan für die sehr komplexen Tarifverhandlungen vereinbaren – 15 Themen stehen insgesamt auf der Agenda. Cockpit ging es hingegen um die Übergangsrenten. Lufthansa-Personalvorstand Bettina Volkens argumentiert: «Es ist nicht realistisch, über ein neues Modell für eine zukunftsfähige Übergangsversorgung an einem einzigen Tag eine Einigung zu erzielen».

Was belastete die Gespräche noch?

Wenige Stunden vor Beginn der Verhandlungen kündigte VC einen Streik bei der Lufthansa-Tochter Germanwings für Freitag an, sollten die Verhandlungen ergebnislos verlaufen. «Wir sind sehr enttäuscht über dieses Vorgehen», sagt eine Unternehmenssprecherin.

Wieso will Lufthansa den Tarifvertrag zur Übergangsrente ändern?

Das Unternehmen argumentiert mit hohen Kosten und verweist auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes, wonach die Piloten bis 65 fliegen könnten, sofern sie fit bleiben. Bis zu dem Urteil im Jahr 2011 galt bei der Lufthansa eine interne Altersgrenze von 60 Jahren. Drei Lufthansa-Piloten hatten vor Gericht dagegen gekämpft, mit 60 Jahren in den Zwangsruhestand geschickt zu werden. Im vergangenen September kündigte die Lufthansa die Tarifverträge zur Übergangsversorgung zum Jahresende 2013.

Was kostet die Frühverrentung?

Lufthansa beziffert die Versorgungsverpflichtung für die Piloten zum Stichtag 31. Dezember 2013 auf 1,1 Milliarden Euro. Die Fluggesellschaft will die Übergangsrente so gestalten, «dass wir sie finanzieren können». Die Piloten argumentieren, die Frühverrentung sei für das Unternehmen fast kostenneutral. Schließlich bekämen die älteren Kollegen ein höheres Gehalt als die jüngeren. Wenn die Älteren in die Frührente gingen, würden junge Piloten eingestellt. Dies senke die Kosten pro Durchschnittspilot.

Warum dreht Lufthansa an der Kostenschraube?

Neben den aggressiven Billigfliegern setzen auch die schnell wachsenden Airlines vom Arabischen Golf der «Kranichlinie» zu. Staatlich gestützte Angreifer-Airlines wie Turkish oder Emirates drücken die Margen. Die Lufthansa sorgt sich um wachsende Konkurrenz durch Billigflieger – dieses Mal auf den lukrativen Langstrecken.