Ein Streik nach dem anderen bremst derzeit Reisende in Deutschland aus. Am Wochenende die Lokführer, jetzt wieder die Piloten. Einige haben die Streiks bereits als Routine akzeptiert, andere fahren immer noch aus der Haut. München (dpa) – Ruhig ist es im Terminal 2 des Münchner Flughafens. Die meisten Check-In-Schalter sind verlassen, nur wenige Passagiere schieben ihre […]

Ein Streik nach dem anderen bremst derzeit Reisende in Deutschland aus. Am Wochenende die Lokführer, jetzt wieder die Piloten. Einige haben die Streiks bereits als Routine akzeptiert, andere fahren immer noch aus der Haut.

München (dpa) – Ruhig ist es im Terminal 2 des Münchner Flughafens. Die meisten Check-In-Schalter sind verlassen, nur wenige Passagiere schieben ihre Rollkoffer über den glänzenden Fußboden. Ein paar wenige stehen vor den Anzeigetafeln und blicken auf die Liste der gestrichenen Flüge. In den Restaurants, Cafés und Geschäften im Terminal herrscht am Dienstagvormittag gähnende Leere. Einzig vor dem Ticketschalter der Lufthansa stehen die Menschen Schlange. Wer nicht weiß, wie es weitergeht, reiht sich hier ein. Die Reaktionen auf den Streik sind unterschiedlich. Eine Typologie der Streik-Geschädigten:

– DIE VERÄRGERTEN: Haben genug vom Streik der Piloten. «Ich bin total sauer und will auch gar nicht darüber reden», schnaubt ein Mann in der Schlange des Ticketschalters und starrt grimmig auf den Rücken seines Vordermannes. Andere werden in ihrer Kritik präziser. «Ich fliege selber kleine Maschinen, die Piloten wissen, worauf sie sich bei dem Job einlassen», erzählt Ingo Fuhrmeister. Lösungsvorschlag des Unternehmers im Streit um die frühe Rente der Piloten: «Es gibt genug junge arbeitslose Piloten von den Flugschulen.» Die hätten kein Problem damit, länger zu arbeiten. «Lasst die Alten raus und die Jungen rein, dann regelt sich das von selber.»

– DIE VERSTÄNDNISVOLLEN: Finden sich häufig unter den Mitarbeitern am Flughafen. «Jeder streikt mal – ich hab auch schon gestreikt», sagt ein Mitarbeiter am Sperrgepäck-Schalter. Die Auswirkungen für die Fluggäste hält der 49-Jährige für vertretbar. «Schauen Sie mal nach Frankreich oder Italien – wenn die einen Generalstreik machen, geht eine Woche gar nichts mehr. Und die Leute dort heulen auch nicht rum.» Auch ein junger Mitarbeiter am Check-In hat Verständnis: «Die Piloten haben einen harten Job – und ich hab‘ heute weniger zu tun.»

– DIE VERZWEIFELTEN: Sätze wie «Ich weiß nicht, wie ich nach Hause komme» oder «Keine Ahnung, wo ich heute Nacht schlafen soll» hört man weniger auf den Flughäfen als in bestreikten Bahnhöfen. Beim Ausstand der Lokführer am Wochenende suchte Michael aus Kanada mit seiner Frau verzweifelt nach einem Mietwagen als Bahn-Ersatz am Münchner Hauptbahnhof. Doch alles war ausgebucht. «Ich habe keine Ahnung, was wir jetzt machen sollen», meinte er resigniert.

– DIE PRAGMATIKER: Sind unter den Passagieren am Münchner Flughafen eindeutig in der Überzahl. Kaum einen Satz hört man hier so oft: «Da kann man nichts machen, irgendwie wird’s schon weitergehen.» Michael Bertz ist gerade von einer dreiwöchigen Kanada-Reise zurückgekommen. Sein Anschlussflug in die Berliner Heimat ist gestrichen worden. Der 54-Jährige lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. «Davon lasse ich mir den Urlaub nicht mehr verderben.»