05.02.2016 Kurz nach dem Start stürzt Anfang Februar 1996 eine Maschine der Birgen Air mit Touristen ins Meer vor der Dominikanischen Republik. Das Flugzeugunglück gilt als das mit den meisten deutschen Opfern. Santo Domingo/Schwalmstadt (dpa) – Die Erinnerung an die ersten Nachrichten von damals tut immer noch weh. Es waren Stunden einer «absoluten Dunkelheit, bis […]

05.02.2016

Kurz nach dem Start stürzt Anfang Februar 1996 eine Maschine der Birgen Air mit Touristen ins Meer vor der Dominikanischen Republik. Das Flugzeugunglück gilt als das mit den meisten deutschen Opfern.

Santo Domingo/Schwalmstadt (dpa) – Die Erinnerung an die ersten Nachrichten von damals tut immer noch weh. Es waren Stunden einer «absoluten Dunkelheit, bis man das richtig begriffen hat», sagt Heidi Schalek. Der 72-Jährigen aus dem hessischen Schwalmstadt stockt heute noch die Stimme, wenn sie an das Flugzeugunglück denkt, das vor 20 Jahren ihr Leben veränderte. Ihre damals 31-jährige Tochter und deren Ehemann waren in der Maschine, die am 6. Februar 1996 (7.2. deutscher Zeit) wenige Minuten nach dem Start vor der Küste der Dominikanischen Republik ins Meer stürzte.

Insgesamt 189 Menschen waren an Bord, meist deutsche Touristen, die aus dem Urlaub zurückkehrten. Keiner der 176 Passagiere und 13 Besatzungsmitglieder konnte gerettet werden. Unter den Opfern waren auch zwei damalige polnische Parlamentsabgeordnete.

Mit 164 Menschen gilt das Unglück als das mit den meisten deutschen Todesopfern. Viele von ihnen wurden nie gefunden, darunter Schaleks damals 33-jähriger Schwiegersohn. Das habe die Tragödie für viele Angehörige noch schlimmer gemacht. «Man muss Gewissheit haben, das ist ganz, ganz wichtig», sagt Schalek.

Die Boeing 757 der türkischen Fluggesellschaft Birgen Air startete damals am Abend vom Flughafen in Puerto Plata im Norden der Dominikanischen Republik mit Flugziel Berlin und Frankfurt am Main. Bei der verunglückten Maschine handelte es sich um ein Charterflugzeug – es war kurzfristig wegen eines Defekts an der ursprünglich vorgesehenen Maschine eingesetzt worden.

Als Carrier des Unglücksfluges ALW 301 trat die dominikanische Airline Alas Nacionales auf, eine Birgen-Air-Tochter. 1996 stellte Birgen Air den Betrieb ein. Die Unglücksursache wurde nie endgültig geklärt. Ein vorläufiger Bericht der dominikanischen Behörden ging nach dem Unfall von einem fehlerhaften Geschwindigkeitsmesser und einem anschließenden Pilotenfehler aus – einige Experten zweifelten damals diese Version an. Ein Abschlussbericht wurde nie vorgelegt.

«Das ist für uns Hinterbliebene ganz schwierig zu verstehen», sagt heute Schalek. Sie erinnert sich auch ungern an die damals fehlende Unterstützung der deutschen Behörden. Die Angehörigen seien tagelang nicht richtig informiert worden, über die Bergung einiger Opfer und ihre Rückführung nach Deutschland hätten sie erst über die Medien erfahren, klagt sie.

Schalek glaubt, dass Fälle wie dieser dazu beigetragen hätten, dass heute anders mit solchen Unglücken umgegangen werde. «Das wird heute öffentlich gemacht, das wird nicht mehr unter den Tisch gekehrt», sagt sie. 20 Jahre danach wollten sich die Angehörigen aber auf ihre Trauer konzentrieren. «Das ist unser Halt.»

Am kommenden Wochenende wollen die Hinterbliebenen wie jedes Jahr in der Trauerhalle in Frankfurt zu einer Gedenkfeier zusammenkommen. Dieses Mal soll aber das letzte Mal sein. Denn viele Menschen würden älter und wollten die Reise nicht mehr antreten, erklärt Schalek. Sie koordiniert die jährlichen Treffen. In Zukunft würden sich einige Gruppen nur an den Gedenksteinen in Berlin und Frankfurt – den geplanten Ankunftsorten des Flugs – treffen.

Es sei durchaus möglich, dass diesmal einige nach Puerto Plata in der Dominikanischen Republik fliegen, um dort ihrer Angehörigen zu gedenken, glaubt auch Schalek. Auf Bitten der Familien will die deutsche Botschaft in Santo Domingo zudem einen Kranz vor dem dortigen Gedenkstein niederlegen lassen.

Isaac Risco, dpa