Schönefeld, 02. März 2018 Der Manager kam aus der Politik. Mit dieser Erfahrung und seinen Kontakten organisiert er den Geldfluss zum BER und dessen Ausbau. Ach ja, es gibt auch ein Eröffnungstermin. Berlins Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup holt ein wenig aus, um seinen Namen zu erklären: Als vor Generationen im Münsterland der Bauernhof Daldrup unter Erben […]

Schönefeld, 02. März 2018

Der Manager kam aus der Politik. Mit dieser Erfahrung und seinen Kontakten organisiert er den Geldfluss zum BER und dessen Ausbau. Ach ja, es gibt auch ein Eröffnungstermin.

Berlins Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup holt ein wenig aus, um seinen Namen zu erklären: Als vor Generationen im Münsterland der Bauernhof Daldrup unter Erben geteilt wurde, zu ungleichen Teilen, da wurden daraus der Große Daldrup und der Lütke Daldrup – „lütke“ für „klein“. Man nannte auch die Bauernfamilien so. Flughafenchef Lütke Daldrup schließt mit einem Lächeln: „Inzwischen ist der Lütke Daldrup der Größere.“

Seit einem Jahr arbeitet der 61-Jährige daran, am vermaledeiten neuen Hauptstadtflughafen «der Größere» zu werden. Größer als seine Vorgänger Schwarz und Mühlenfeld und Mehdorn. Sie alle scheiterten daran, den vermurksten Bau zu ihren Amtszeiten ans Netz zu bringen. Der Neue sagt: „Wir haben uns dieses Mal vorgenommen, den Termin auch wirklich einzuhalten.“

Doch man ist skeptisch geworden. Es sei zu früh, den Flughafen-Chef als Bauherr zu beurteilen, meint etwa Axel Vogel (Grüne), der über den Sonderausschuss des Brandenburger Landtags das Projekt prüft. Der ansonsten zufriedene Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider sagt: „Er hat es am Anfang unterschätzt, wie viele andere auch.“

Schließlich hatte Lütke Daldrup erstmal daran festgehalten, 2018 die ersten Passagiere im Neubau einchecken zu lassen. „Aber er war Manns genug, das auch zu korrigieren“, gesteht Bretschneider zu. Lütke Daldrup verschob die Eröffnung um ganze zwei Jahre, auf Herbst 2020, obwohl der ursprüngliche Termin dann schon neun Jahre her sein wird.

Damit hat sich der Ex-Staatssekretär erstmal Spielraum geschaffen am politisch umkämpften Projekt; nicht nur damit. Er holte Gefolgsleute nach Schönefeld, schickte die Berater von Roland Berger fort, baute die Flughafengesellschaft um – und beförderte so den Bauleiter Jörg Marks geräuschlos von der Terminal-Baustelle. Daran war der vorige Chef Karsten Mühlenfeld gescheitert und wurde geschasst.

Lütke Daldrup war Flughafenkoordinator im Roten Rathaus, machte die Detailarbeit für den früheren Aufsichtsratschef, Berlins Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD). Er hat gute Drähte in die Machtzentrale. Ihm hilft aber auch, dass keine Spitzenpolitiker mehr im Aufsichtsrat hocken, nur Staatssekretäre, und dafür mehr Manager.

«Drängelbert» soll man Lütke Daldrup im Rathaus genannt haben, weil Geduld nicht seine Stärke sei. Am Flughafen machte er Schluss mit mancher Illusion, etwa dass Berlin bald ein Luftdrehkreuz werde. „Wir werden schon einen Umsteigehub haben, aber mehr für self-hubbing.“ Gemeint sind Billigflieger-Passagiere, die sich ihre Anschlussflüge selbst zusammenbuchen.

Nach der Air-Berlin-Pleite dürfte der BER tatsächlich mehr und mehr zum Billigflieger-Airport werden, mit insgesamt bis zu 55 Millionen Passagieren 2040, so die Prognose des Betreibers. Heute sind es in Tegel und Schönefeld 33 Millionen. Der gelernte Stadtplaner Lütke Daldrup ist oft kurz angebunden, aber ins Reden kommt er, wenn es darum geht, den Flughafen nach dem Start 2020 weiter auszubauen, samt Büro- und Gewerbepark.

„Wir haben die Aufgabe, einen neuen Stadtteil zu bauen“, schwärmt der frühere Leipziger Stadtbaurat bei der Präsentation. Eine Aufgabe für eine ganze Generation, tausende Arbeitsplätze, vielleicht autonom fahrende Busse, ein weiterer Bahn-Anschluss, und so weiter. „Ich hätte auch 150 Folien zeigen können, aber ich wollte sie nicht überfordern.“ Das milliardenschwere Ausbaukonzept steht.

„Wir sind praktisch und strategisch einen großen Schritt weitergekommen“, bilanziert der Aufsichtsratschef das erste Jahr. Bretschneider hat sein halbes Berufsleben mit dem BER verbracht und an anderer Stelle schon zu Lütke Daldrup festgehalten: «Es ist kein Geheimnis, dass wir beide nicht nur ein Liebespaar waren.» Aber der Geschäftsführer habe für einen realistischen Eröffnungstermin gesorgt, den Ausbauplan vorgelegt und ein Finanzierungskonzept skizziert. «Das ist mehr als je zuvor.»

Von 40 Gebäuden seien 39 fertig, sagt Lütke Daldrup. Doch das hat genauso auch der glücklose Mehdorn gesagt. Der frühere Bahnchef hatte vor drei Jahren seinen Hut genommen. Auf der Baustelle hatte er viel Staub aufgewirbelt, war aber kaum vorangekommen. Lütke Daldrup ist nüchterner, ja trocken – und kontrolliert.

Wenn sich kritische Fragen wiederholen, wiederholt er gleichlautend seine Antwort – der frühere Beamte muss nicht um eines flotten Wortspieles Willen Wirbel auslösen. Er achtet auf seine Wirkung. Beim Baustellen-Rundgang mit Kameras läuft er ohne die vorgeschriebene Weste und den Helm.

Grünen-Mann Vogel sieht in ihm einen geschickten Verkäufer. «Er ist gewieft im Umgang mit der Politik», ein Taktiker. Regelmäßige Sachstandsberichte etwa habe er abgeschafft, um den Informationsfluss besser in seinem Sinn zu steuern. Beispiel: Neulich sickerte durch, der BER brauche vielleicht noch eine Milliarde Euro, später hieß es 770 Millionen. Und schließlich sprach Lütke Daldrup: Vielleicht seien es auch 500 Millionen, durch Mietkauf beim Ausbau – was zwar eigentlich teurer ist, aber die Rechnung käme erst in vielen Jahren.

Ein Gewinner-Thema ist der BER für Lütke Daldrup erst, wenn die Eröffnung 2020 gelingt. Bis dahin gilt seine Ansage: „Wir müssen auch die nächsten zweieinhalb Jahre Ihre Nerven strapazieren.“

Burkhard Fraune, dpa