04.03.2014 Die Hoffnungen, die der neue BER-Chef Mehdorn vor einem Jahr weckte, sind verflogen. Noch immer weiß niemand, wann die erste Passagiermaschine vom neuen Hauptstadtflughafen abheben wird. Aber Mehdorn ist noch nicht gescheitert. Schönefeld – Gäbe es einen Narrenindex, dann hätte Hartmut Mehdorn Klaus Wowereit in dieser Karnevalssession überholt. Vor einem Jahr, kurz nach der […]

04.03.2014

Die Hoffnungen, die der neue BER-Chef Mehdorn vor einem Jahr weckte, sind verflogen. Noch immer weiß niemand, wann die erste Passagiermaschine vom neuen Hauptstadtflughafen abheben wird. Aber Mehdorn ist noch nicht gescheitert.

Schönefeld – Gäbe es einen Narrenindex, dann hätte Hartmut Mehdorn Klaus Wowereit in dieser Karnevalssession überholt. Vor einem Jahr, kurz nach der vierten Absage der Eröffnung des Hauptstadtflughafens, machten sich die Büttenredner vor allem über Berlins Regierenden Bürgermeister und BER-Aufsichtsratschef Wowereit lustig. Nun ist es Flughafenchef Mehdorn, der in Prunksitzungen und Umzügen aufs Korn genommen wird. Im badischen Waldkirch soll er die marode Dorfstraße sanieren. Tätää und Applaus! Cottbusser Narren spotten: «Der BER kriegt immer noch keinen hoch.»

Kurz nach dem Ende der Karnevalssaison, am 11. März, jährt sich Mehdorns Amtsantritt als Vorsitzender der Geschäftsführung der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg. Manche sahen den heute 71-Jährigen damals als Notnagel, weil kein anderer die mühselige und stressige Aufgabe übernehmen wollte, den halbfertigen Flughafen in Schönefeld zu vollenden. Andere erblickten in ihm den Hoffnungsträger, der das verfahrene Projekt bald retten würde. Er selbst sagte ziemlich nüchtern: «Ich kann auch nicht zaubern.» Das hat sich als zutreffend erwiesen.

Der knorrige Manager hat zwar auf der Baustelle einiges bewegt, doch mit seinem Team noch immer nicht den Punkt erreicht, an dem es möglich wäre, einen verlässlichen Eröffnungstermin zu nennen. Und das ist letztlich das, was alle interessiert: die Fluggesellschaften, die Regierungen in Berlin und Brandenburg, die Gemeinde Schönefeld und die Unternehmen, die im Flughafengebäude und ringsherum Geschäfte machen wollen.

Eigentlich sollte der Airport am 30. Oktober 2011 in Betrieb gehen, doch mangelhafte Projektsteuerung und teils schlampige Bauausführung beim komplexen Brandschutz verhinderten das. Peinlich war vor allem, wie spät sich die Verantwortlichen das Scheitern eingestanden. Der damalige Chef Rainer Schwarz musste gehen, Mehdorn kam.

«Es gibt nicht viel Positives, was nach dem Jahr übrig bleibt», sagt Martin Delius von der Piratenpartei, Vorsitzender des Untersuchungsausschusses im Abgeordnetenhaus, der dem Debakel rund um den neuen Flughafen auf den Grund gehen will. «Er hat angefangen mit großen Ankündigungen und markigen Worten.» Mit Vorschlägen wie dem dauerhaften Weiterbetrieb des Flughafens Tegel sei Mehdorn aufgefallen. «Er hat dabei aber leider auch offenbart, dass er sich über die Rahmenbedingungen seines neuen Jobs nicht ausreichend informiert hatte.»

Der Flughafenchef habe dafür gesorgt, «dass quasi der gesamte Mitarbeiterstab im Bereich technische Leitung entlassen wurde». Durch seinen Machtkampf mit Technikchef Horst Amann habe er «die Fachkompetenz im Bereich Technik und Bauumsetzung weiter geschwächt», bilanziert Delius. Mehdorn räumte erst vor wenigen Tagen ein, dass die Kosten von anfangs zwei Milliarden Euro auf «etwas über fünf» Milliarden steigen werden – wobei der Flughafen auch größer geworden ist als anfangs geplant.

Und doch stellt Delius über Mehdorn fest: «Man kann ihn nicht austauschen. Das hat er unfreiwillig geschafft. Er hat sich unentbehrlich gemacht.» Klar ist, dass der frühere Bahnchef trotz seines hohen Alters von früh bis spät «ackert», wie sich Wowereit ausdrückte. Der Regierungschef sprach ihm sein Vertrauen aus, auch weil er niemanden hat, der es besser machen könnte.

Auf Mehdorns Habenseite steht, dass vorher isolierte Abteilungen des Flughafens jetzt zusammenarbeiten, der Stillstand auf der Baustelle beendet ist und der Kabelsalat in den Terminaldecken entwirrt wird. Auch eine Lösung für die Brandschutzprobleme scheint gefunden. Siemens will die Brandschutzanlage binnen 18 Monaten in Gang bringen, hat allerdings noch nicht alle Pläne, um beginnen zu können. So lange tickt die Uhr weiter – und der Eröffnungstermin rückt immer näher an die Karnevalssession 2016 heran. (Bernd Röder und Theresa Münch, dpa)