München/Frankfurt, 25. Juli 2017 Flughäfen sind Transitorte zwischen Urlaubsvorfreude und Wiedersehen mit der Heimat. Doch die Betreiber haben ein Problem: Sie verdienen mit dem Fluggeschäft zu wenig Geld. So investieren sie in Shopping, Events und Veranstaltungen. Ausflugsziel Airport? Staunend die Flieger bei Start oder Landung beobachten und dem brüllenden Lärm der Turbinen lauschen – Flughäfen […]

München/Frankfurt, 25. Juli 2017

Flughäfen sind Transitorte zwischen Urlaubsvorfreude und Wiedersehen mit der Heimat. Doch die Betreiber haben ein Problem: Sie verdienen mit dem Fluggeschäft zu wenig Geld. So investieren sie in Shopping, Events und Veranstaltungen. Ausflugsziel Airport?

Staunend die Flieger bei Start oder Landung beobachten und dem brüllenden Lärm der Turbinen lauschen – Flughäfen können faszinierende Orte sein. Hier erlebt man die Vorfreude auf den Abflug in ferne Länder oder auf das Wiedersehen mit den Lieben. Doch Flughäfen werden auch immer mehr zum Ziel für Menschen, die sich gar nicht in den Flieger setzen wollen.

Denn in nächster Nähe zum Rollfeld können Besucher auch shoppen und essen, eine Konferenz abhalten oder eine Ausstellung besuchen. In Hongkong soll demnächst eine ganze Flughafen-Stadt namens Skycity entstehen – mit Restaurants, Hotels und Veranstaltungen. Die Idee der Planer: Als Shopping- und Entertainment-Komplex soll der Airport als eigenständiges Ausflugsziel Gäste anziehen.

«Flughäfen sind heute weit mehr als reine Verkehrsdrehkreuze», sagt Kathrin Stangl vom Flughafen München. Sie zählt einige Angebote auf, die es in der bayerischen Landeshauptstadt für Airport-Touristen gibt: «Der Winter- und Weihnachtsmarkt findet in diesem Jahr bereits zum 19. Mal statt, und während der Sommerferien wird im Rahmen von Bike & Style ein großer Bike-Parcours mit einer riesigen Rampe aufgebaut.» Daneben gibt es weiterhin das «klassische» Programm mit Aussichtsterrasse, Gastronomie und Führungen über Rollfeld und Co.

München ist mit seinem Angebot keine Ausnahme, allerorten überbieten sich Flughafenbetreiber mit neuen Ideen zur Kundenbespaßung. In Hannover kann man zum Beispiel Rundflüge machen und Ausstellungen zur Luftfahrt besuchen. In Nürnberg finden Musikfestivals und Public Viewing statt. In Düsseldorf gibt es ein Zirkusfestival und einen Wanderweg rund um den Flughafen. Und Hamburg hat eine Modellschau mit Miniflugzeugen sowie Tourenvorschläge für Schulen oder Kitas im Angebot – schon die Kleinen werden so fürs Fluggeschäft begeistert.

«Die Flughafenbetreiber möchten den zunehmend anspruchsvollen und vielfältigen Bedürfnissen der Reisenden entgegenkommen», so formuliert es Sabine Herling von der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV). Denn die Airports haben ein Problem: Sie tun sich schwer mit dem Geldverdienen. «Im klassischen Geschäftsfeld Aviation können die Flughäfen aufgrund der Marktmacht der Airlines keine kostendeckenden Entgelte erzielen und verzeichnen auf diesem Gebiet Verluste», sagt Herling. Die Betreiber verdienen mit dem Fluggeschäft also zu wenig Geld, um Gewinne zu machen.

Deshalb wird der sogenannte Non-Aviation-Bereich ausgebaut, zum Beispiel mit Einkaufspassagen, Führungen und Veranstaltungen, die nicht unmittelbar mit dem Fluggeschäft zu tun haben. Dieser Bereich trage in Deutschland etwa 40 Prozent zum Umsatz der Flughäfen bei und stehe für 100 Prozent der Gewinne, erklärt Herling. Das bestätigt auch Pressesprecherin Stangl aus München: «Wir erzielen mittlerweile etwa die Hälfte unserer Umsätze im sogenannten Non-Aviation-Bereich.»

Zielgruppe sind da natürlich einerseits Reisende, die als Fluggäste sowieso an den Flughafen kommen. Durch die Sonderveranstaltungen vergrößert sich der Radius allerdings. «Insbesondere die großen Hubs investieren viel Kreativität und Budget, um von ihren Freizeitgästen als außergewöhnlich und überraschend wahrgenommen zu werden», erklärt Angelika Heinbuch, Sprecherin des Frankfurter Flughafenbetreibers Fraport. «Dann wird ein Airport in guter Erinnerung bleiben, bei der Reiseplanung wieder gewählt und gegebenenfalls sogar weiterempfohlen», erläutert sie das Kalkül.

In Frankfurt wurden daher die «Airlebnis-Tage» eingeführt, bei denen in den Terminals unter einem bestimmten Motto verschiedenste Freizeitangebote zusammenfinden – etwa zum Weltraum oder zum Muttertag. Überhaupt versuchen die Betreiber, für verschiedenste Zielgruppen interessant zu sein: Pakete für Kindergeburtstage sind fast überall Standard, genauso wie Hochzeitsangebote oder maßgeschneiderte Führungen zum Beispiel für Firmen.

Auch als Tagungsort oder Bürostandort kommen die Airports infrage: «Büromieter schätzen die besondere Atmosphäre und die gute Verkehrsanbindung. Zudem gelten Flughäfen als ideale Tagungs- und Kongressstandorte», sagt ADV-Sprecherin Herling.

Wie bei Einkaufszentren hat man als Gast den Vorteil, verschiedenste Angebote auf einem Fleck zu bekommen. «Die Öffnungszeiten ermöglichen das Einkaufen auch an Sonn- und Feiertagen sowie zu ungewöhnlichen Uhrzeiten», wirbt Fraport-Sprecherin Heinbuch.

Wird also in Zukunft der Flughafen mehr Urlaubsziel als Abflugort? Davon ist nicht auszugehen. «Aber natürlich wird auch in Zukunft in den Standort Flughafen als Veranstaltungsort und Ausflugsziel investiert», sagt Kathrin Stangl. In München zieht das schon einige Besucher an: Acht Millionen Gäste kommen jährlich an den Airport – und zwar ohne in den Flieger zu steigen.

Julia Ruhnau, dpa