25.01.2015 Die Tochter des Korean Air-Chefs gerät in einem Flugzeug wegen ein paar Nüssen in Wut – und wirft den Chefsteward raus. Der Staatsanwalt ermittelt, eine Haftstrafe droht. Der Fall wirft kein gutes Licht auf die koreanischen Familien-Dynastien. Seoul (dpa) – Macadamia-Nüsse sind derzeit in Südkorea Gesprächsthema. Es ist die sogenannte Nuss-Affäre um die älteste Tochter des […]

25.01.2015

Die Tochter des Korean Air-Chefs gerät in einem Flugzeug wegen ein paar Nüssen in Wut – und wirft den Chefsteward raus. Der Staatsanwalt ermittelt, eine Haftstrafe droht. Der Fall wirft kein gutes Licht auf die koreanischen Familien-Dynastien.

Seoul (dpa) – Macadamia-Nüsse sind derzeit in Südkorea Gesprächsthema. Es ist die sogenannte Nuss-Affäre um die älteste Tochter des Chefs der Fluggesellschaft Korean Air, Cho Hyun Ah, die die Neugier der Koreaner auf diese Steinnuss mit harter Schale und weichem Kern geweckt hat. Macademia-Nüsse, die zu den teuersten Nüssen der Welt zählen, waren vorher wenig bekannt in Südkorea. Jetzt schiebt die Affäre den Verkauf der Nüsse an. Die 40-jährige Cho Hyun Ah (oder Heather Cho) könnte der Fall dagegen teuer zu stehen kommen.

Als ihr am 5. Dezember eine Flugbegleiterin in der ersten Klasse eines Flugzeugs Macadamia-Nüsse in einer Tüte und nicht in einem Schälchen reicht, rastet Cho aus. Was danach passiert, macht Schlagzeilen in Südkorea und im Ausland: Es entbrennt ein heftiger Streit, so dass die Korean-Air-Maschine vom Typ A380 von der Startbahn des Flughafens John F. Kennedy in New York zurück zum Gate geführt wird. Auf Betreiben Chos hin muss der Chefsteward das Flugzeug verlassen. Auch soll sie dem Bordpersonal gedroht haben. Ein Vorwurf, den sie bestreitet.

Der Vorfall hat Cho im Ausland vor allem der Lächerlichkeit preisgegeben. Im eigenen Land ist sie zum Ziel beißender Kritik geworden. Cho muss sich mittlerweile vor Gericht wegen des Vorfalls verantworten. Unter anderem geht es um die Frage, ob sie gegen die Flugsicherheitsbestimmungen verstoßen hat – ein Vorwurf, den Chos Anwalt am ersten Prozesstag am vergangenen Montag zurückwies. Andere Vorwürfe der Staatsanwaltschaft lauten auf Nötigung und Behinderung der Ermittlungen. Bei einer Verurteilung drohen Cho südkoreanischen Medien zufolge bis zu zehn Jahre Haft.

Nachdem die Medien von dem Vorfall Wind bekamen, betrieb Korean Air zunächst Schadensbegrenzung. Cho und ihr Vater Cho Yong Ho entschuldigten sich angesichts der zunehmenden Kritik am Verhalten der Tochter in der Öffentlichkeit. Cho musste von ihren Posten als Vizepräsidentin – zuständig für das Catering der Gesellschaft – zurücktreten. Doch da war es schon zu spät. 

Die Koreaner sehen im Verhalten Chos ein Beispiel für die Arroganz derjenigen Familien, die in Südkorea große Konzerne kontrollieren. Chos Verhalten sei als «absolutistisch» aufgefasst worden, sagt der Leiter des Büros der Friedrich-Naumann-Stiftung in Seoul, Lars-André Richter. «Es ist gut, dass es für öffentliche Empörung gesorgt hat. Kritik an namhaften Unternehmerfamilien fällt auch hierzulande nicht mehr unter die Kategorie Majestätsbeleidigung.»

Großkonzerne oder Cheaebols wie Samsung, Hyundai oder LG haben große Macht. Es wird geschätzt, dass die zehn größten Firmengruppen drei Viertel der südkoreanischen Wirtschaft kontrollieren. Was die Koreaner besonders wurmt: Viele Söhne, Töchter oder Enkel der Konzerngründer erklimmen schon früh nach dem Eintritt in den Familienkonzern einen hohen Posten. Cho selbst gehört zur Familie, die die Hanjin-Gruppe kontrolliert, zu der auch Korean Air gehört. 

«Die Erben dieser Familien sind vom normalen Einstellungs- und Beförderungsverfahren größtenteils ausgenommen», schreibt die linksliberale Zeitung «Hankyoreh», die über den Vorfall in dem Flugzeug als erste berichtet hatte. Laut einer Umfrage der Zeitung unter 15 Chaebols besetzten 28 Mitglieder der dritten Generation der betreffenden Familien bereits im Alter von durchschnittlich 31,2 Jahren einen Managerposten. Viele Koreaner zweifeln an ihrer Qualifikation dafür. 

Am vergangenen Montag war die erste Anhörung vor Gericht. Der volle Saal sei ein Beweis für das große öffentliche Interesse an dem Fall, sagten Beobachter. Cho wurde in blauer Haftkleidung vorgeführt. Ihr Anwalt entschuldigte sich in ihrem Namen für den Ärger, den ihr Verhalten ausgelöst habe. Die Koreaner befürchten nun, dass Cho dank ihres Hintergrunds glimpflich davonkommt. Doch wie immer das für Februar erwartete Urteil am Ende ausfällt: Stellvertretend für viele andere Medien rief die Zeitung «JoongAng Ilbo» zu einer «Abkehr von unserer ausgedienten Unternehmenskultur» auf – die könne dem «irrationalen Verhalten» einiger Manager keine Schranken setzen.

Dirk Godder, dpa