04.09.2014 Er hat Air Berlin groß gemacht, manche sagen: zu groß. Hunold hatte bis dieses Jahr einen Vertrag bei Deutschlands zweitgrößter Airline. Doch die steuern längst ganz andere durch ihre Turbulenzen. Berlin – Es gibt immer weniger Menschen, die es wissen: Joachim Hunold ist nicht der Gründer von Air Berlin. Aber die Airline ist das […]

04.09.2014

Er hat Air Berlin groß gemacht, manche sagen: zu groß. Hunold hatte bis dieses Jahr einen Vertrag bei Deutschlands zweitgrößter Airline. Doch die steuern längst ganz andere durch ihre Turbulenzen.

Berlin – Es gibt immer weniger Menschen, die es wissen: Joachim Hunold ist nicht der Gründer von Air Berlin. Aber die Airline ist das Lebenswerk des Düsseldorfers. Der Sohn eines Kosmetikvertreters jagte den Amerikanern nach der Wende die Lufthoheit über Berlin ab und übernahm deren kleine Fluglinie. Hunold machte die Air Berlin zur deutschen Nummer zwei nach Lufthansa – mit allen Schwierigkeiten, die damit verbunden sind. Am 5. September wird Hunold 65 Jahre alt.

Damit erreicht einer das Rentenalter, der schwer als Ruheständler vorstellbar ist: Für einen Rheinländer etwas zu schneidig-zackig, wie Beobachter meinen, hemdsärmelig, direkt, einer der die Dinge anpackt.

Air Berlin, bei er mit 15 Flügen am Tag loslegte, baute er aus durch Zukäufe – darunter sein alter Arbeitgeber LTU. Joachim Hunold war Air Berlin. «Flugzeuge im Bauch, im Blut Kerosin» – die Botschaft aus einem früheren Werbelied des Unternehmens schien der Chef durch alle Höhen und Tiefen zu verkörpern.

Doch nach Jahren mit roten Zahlen trauten viele Anleger dem Manager nicht mehr, der von sich behauptete: «Ich habe noch nie etwas gemacht, von dem ich nicht überzeugt war, dass es Hand und Fuß hat.» 2011 warf Hunold hin – drei Jahre vor Vertragsende.

«Es muss auch eine Zeit nach mir geben», sagte er, und gab ab an Hartmut Mehdorn, der heute versucht, den neuen Hauptstadtflughafen fertigzustellen. Hunold sitzt noch im Verwaltungsrat. «Mir liegt das Unternehmen am Herzen», sagt er. Doch zur aktuellen Lage will er sich auf Anfrage nicht äußern.

Bislang war nicht zu hören, dass er dem jetzigen Chef Wolfgang Prock-Schauer übermäßig hineinrede. Mehr Einfluss dürfte der von Mehdorn an Bord geholte arabische Großaktionär Etihad auf den Österreicher Prock-Schauer haben, der sich mit seiner ruhigen, bedächtigen Art deutlich vom früheren Patriarchen unterscheidet.

Der vierfache Vater Hunold ist ein Mann, der die Offensive liebt, klare Worte und die Rolling Stones. Hunold trägt den Karnevalsorden «Wider den tierischen Ernst», und es konnte vorkommen, dass das CDU-Mitglied im Bordmagazin seiner Airline bissige politische Kommentare schrieb.

Sein Jura-Studium hatte Hunold abgebrochen, stattdessen kellnerte er in der Düsseldorfer Altstadt, verdingte sich als Bühnenarbeiter für Marius Müller-Westernhagen. Er arbeitete am örtlichen Flughafen, wechselte zum Ferienflieger LTU, wo er schnell aufstieg.

Gewerkschafter waren auf Hunold nie gut zu sprechen. Lange hielt er Betriebsräte aus dem Konzern heraus und lehnte Tarifverträge ab. Eine Gehaltserhöhung konnte er auch mal auf der Weihnachtsfeier verkünden – und den Jubel der Beschäftigten genießen. Auf Tarifverträge ließ er sich erst nach dem Börsengang 2006 ein. Umweltschützer kürten Hunold zum «Dinosaurier», weil sie bei ihm das Öko-Gewissen vermissten.

Und heute? Golf, Tennis und ein Haus auf Sylt füllen Hunold nicht aus. Mit seinem Fonds Rantum Capital unterstützt der Selfmade-Millionär Mittelständler, gemeinsam mit früheren Wirtschaftsgrößen wie Ex-BDI-Chef Michael Rogowski und dem früheren Metro-Chef Hans-Joachim Körber.

Burkhard Fraune, dpa