Berlin, 08. Oktober 2017 Der Poker um die Airline dauert an. Die Unsicherheit für die Mitarbeiter wächst. Inzwischen ist wohl allen klar: Jobsuche ist angesagt. Die Befürchtung, dass die Mitarbeiter im Poker um die insolvente Fluggesellschaft Air Berlin auf der Strecke bleiben, gab es seit langem. Nun wird klar, dass sie auf Jobsuche gehen müssen. […]

Berlin, 08. Oktober 2017

Der Poker um die Airline dauert an. Die Unsicherheit für die Mitarbeiter wächst. Inzwischen ist wohl allen klar: Jobsuche ist angesagt.

Die Befürchtung, dass die Mitarbeiter im Poker um die insolvente Fluggesellschaft Air Berlin auf der Strecke bleiben, gab es seit langem. Nun wird klar, dass sie auf Jobsuche gehen müssen. In dieser Woche beginnen die Gespräche für einen Sozialplan. Das geht aus einer internen Mitteilung der Personalabteilung und des Generalbevollmächtigten Frank Kebekus vom 5. Oktober hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Darin heißt es, dass „eine Fortführung des Geschäftsbetriebs aufgrund der hohen Verluste, die derzeit und prognostiziert dauerhaft entstehen, unmöglich und unzulässig“ sei. „Deshalb haben wir heute die Personalvertretungen und den Gesamtbetriebsrat der airberlin LuftverkehrsKG aufgefordert, Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan aufzunehmen.“ Diese sollen am Montag starten, hieß es aus Kreisen.

Die bisher zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft mit mehr als 8000 Beschäftigten hatte Mitte August Insolvenz angemeldet. Vorerst geht der Flugbetrieb weiter, weil der Bund mit einem Kredit einsprang. Kebekus und Vorstandschef Thomas Winkelmann verhandeln mit der Lufthansa und mit Easyjet über den Verkauf, das Geschäft soll bis zum Donnerstag (12. Oktober) unter Dach und Fach gebracht werden. Die Lufthansa will insgesamt 93 der noch 134 Flugzeuge übernehmen, Easyjet 27 bis 30.

Der Betriebsrat hat sich bereits auf massenhafte Entlassungen eingestellt, wie aus einer Mitarbeiterinformation des Betriebsrats Nord hervorgeht, die der dpa ebenfalls vorliegt. In dem internen Papier heißt es: „Alle Mitarbeiter werden gekündigt!!!“ Ziel sei es, die nötigen Verhandlungen noch im Oktober „final abzuschließen“. Ein Sprecher der Airline wollte sich dazu nicht äußern.

Der Betriebsrat Nord vertritt unter anderem die Mitarbeiter der Verwaltung am Standort Berlin, nach Angaben der Gewerkschaften sind das in der Hauptstadt etwa 1000 Mitarbeiter.

Die Gewerkschaft Verdi forderte die Airline auf, Klarheit zu schaffen, ob und wie viele Beschäftigte zum Ende des Monats entlassen werden sollen. „Es ist unerhört, ein so wichtiges Thema übers Wochenende auszusitzen und totzuschweigen! Wir erwarten eine unmissverständliche Stellungnahme“, sagte Bundesvorstandsmitglied Christine Behle. „In einer sozialen Marktwirtschaft tragen Arbeitgeber Verantwortung für die Beschäftigten. Das gilt auch und vor allem für einen Betrieb, der sich in einem Insolvenzprozess befindet.“

Mit Blick auf die bevorstehenden Sozialplanverhandlungen verlangte Verdi ein klares Bekenntnis zur Gründung einer Transfergesellschaft. Zudem forderte Behle die Politik auf, nicht tatenlos zuzusehen, wie die Fluggesellschaft mit dem Schicksal Tausender Beschäftigter spiele: „Die staatliche Bürgschaft der Bundesregierung war auch zur Rettung der Arbeitsplätze gedacht.“ Wenn Air Berlin die Massenkündigungen wahr machen sollte, sei die ein Missbrauch der Politik und der Steuerzahler.

Die Geschäftsleitung von Air Berlin betonte unterdessen gegenüber ihren Mitarbeitern, man setze sich bei den Bietern für möglichst gute Chancen ein. „Aber nicht jeder airberliner wird dort unterkommen können“, heißt es in der internen Mitteilung vom 5. Oktober. Die Unternehmensspitze sieht jedoch gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt für die Beschäftigten. Es seien zahlreiche Unternehmen an sie herangetreten, hieß es am 6. Oktober in einer internen Rundmail von Personalchefin Martina Niemann, die dpa vorliegt. Zuvor hatte der „Tagesspiegel“ darüber berichtet.

Das Unternehmen habe damit begonnen, im Intranet Informationen zu Jobmöglichkeiten zusammenzustellen, so Niemann weiter. Zudem seien am Standort Berlin vom 10. und 13. Oktober Job-Messen geplant. Diese erfolgten gemeinsam mit Unternehmen wie der Deutschen Bahn, der Fluggesellschaft Eurowings und Internethändler Zalando, auch die Bundesarbeitsagentur für Arbeit sei vertreten.

Die Lufthansa-Tochter Eurowings hat bereits erste Piloten aus den Reihen von Air Berlin eingestellt. Eine genaue Zahl nannte das Unternehmen bislang nicht. Die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit hatte die Abwerbungen und die Arbeitsbedingungen beim neuen Arbeitgeber kritisiert. Die Konditionen seien „sehr fair“, man biete sehr gute und attraktive Gehälter, widersprach Eurowings-Sprecher Matthias Eberle am Sonntag.

Für Crews der Air Berlin gebe es ein verkürztes Auswahlverfahren. „Aktive Air-Berlin-Crews gelten aufgrund des hohen Sicherheitsniveaus sowie der anerkannt guten Qualität der Aus- und Fortbildung für Cockpit- und Kabinenpersonal im Air-Berlin-Flugbetrieb als qualifizierte Bewerber für eine Tätigkeit in den Flugbetrieben der Eurowings Group“, teilte Eurowings-Geschäftsführer Michael Knitter mit.

Eurowings steht vor einem gewaltigen Wachstumsschub, weil man im laufenden Bieterverfahren bis zu 81 zusätzliche Flugzeuge der Air Berlin übernehmen will. 31 Airbus-Maschinen sind bereits samt Besatzungen an die Eurowings vermietet und müssten im Fall einer Air-Berlin-Pleite mit eigenen Mannschaften betrieben werden.

Marion van der Kraats, dpa